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Montag, 29. April 2013

Spaghetti mit Rucola und rotem Chili und ganz ohne Bärlauch

Lieben Sie Bärlauch? Ich nicht. Mir geht der Bärlauch Hype, der in jüngster Zeit durch alle Foodblogs und Medien rauscht, auf den Geist. Man traut sich ja kaum noch ein Rezept zu veröffentlichen, das ganz ohne Bärlauch auskommt. Bärlauch est arrivé! Ich boykottiere Lebensmittel, die plötzlich einem Hype unterliegen, immer irgendwie automatisch. Das ist fast ein Reflex. Plötzlich schwärmt alle Welt von Sushi, Tiramisu, Arganöl, Rinderbäckchen, Sot-l'y-laisse oder eben Bärlauch und jeder muß damit etwas kochen. Aber keiner sagt ehrlich, ob es ihm geschmeckt hat oder nicht. Alle sind voll des Lobes. Man will ja nicht als gastronomischer Banause dastehen.

Was den Bärlauch betrifft: Er riecht zwar vielversprechend, geschmacklich finde ich ihn jedoch eher langweilig. Insofern verstehe ich das alljährliche Getue noch weniger. Da ist mir richtiger Knoblauch viel lieber. Wer aber den Bärlauch vorzieht sollte wissen, daß Hildegard von Bingen sagte, der Bärlauch sei roh gegessen giftig. Gekocht sei er gesund zu essen.
Peinlich wird es dann, wenn der TAZ-Koch Christoph Esser auf die Frage, Bärlauch sei ja mehr so eine Art Teutonenknoblauch, antwortet: " Nun ja, der Knoblauch kam erst durch die Gastarbeiter nach Deutschland....- und nun ist er längst etabliert. Die Italiener machen ja auch sonst gut vor, wie man das macht. Strauchtomaten, Rucola…”. Nein Herr Esser, sowohl Knoblauch als auch Rucola waren den Deutschen schon im Mittealter bekannt. Und damals gab es noch keine Gastarbeiter. Das Wort Knoblauch leitet sich vom Althochdeutschen klioban für spalten ab, was sich auf das gespaltene Aussehen der Knoblauchzehen bezog. Karl der Große zählte im 8. Jahrhundert den Knoblauch zu den zu kultivierenden Nutzpflanzen. Im Mittelalter wurde Knoblauch als Mittel gegen die Pest verwendet.
Die österreichische Küche insbesondere die Wiener Küche kennt mit dem Vanillerostbraten ein klassisches Gericht mit Knoblauch. Denn entgegen dem Namen wird der Rostbraten nicht mit Vanille gewürzt, sondern mit Knoblauch, den die Österreicher scherzhaft als Vanille des kleinen Mannes oder Vanille der Armen bezeichneten, als die Vanille im 18. Jahrhundert in Österreich und Europa so teuer war, daß sich nur die Reichen die Leckerei leisten konnten.

Rucola, als Senfrauke schon im Altertum als Nutzpflanze bekannt, wurde von den Germanen gern gegessen, denn sie hielten die Rauke für ein Potenzmittel. Als die Römer Germanien besetzten, nahmen sie die Rauke mit nach Italien und so gelangte die Rauke umgetauft in Rucola von Germanien in den Mittelmeerraum. Rauke war schon in meiner Kindheit fester Bestandteil des Kräutergartens meiner Großmutter .

Wie auch immer, vielleicht liegt die magische Anziehung des Bärlauchs vor allem darin, daß er zu den ersten Kräutern gehört, die im Frühjahr sprießen: Frisch und saftig grün. Es würde mich interessieren, ob Bärlauch auch diese Aufmerksamtkeit bekäme, wenn er erst im August pflückreif wäre?
Wie schön, daß sich mit  Christian Seiler noch ein Mitstreiter gegen Bärlauch gefunden hat. Er hat in seiner Kolumne Schach dem Bärlauch, in Das Magazin knallhart mit dem Bärlauch abgerechnet. Das gefällt mir !
Spaghetti mit Rucola und rotem Chili  und ganz ohne Bärlauch
250 g Spaghetti
100 g Rucola
2-3 frische rote Chilischoten
3 Knoblauchzehen
Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
fruchtiges Olivenöl nativ extra
Fetakäse
 Die Spaghetti in reichlich Salzwasser al dente kochen. Chilischoten längs halbieren, die Kerne entfernen. Die Schote in feine Streifen schneiden. Knoblauchzehen häuten und in feine Scheiben schneiden. Rucolablätter klein zupfen.

Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Knoblauchscheibchen und Chilistreifen bei schwacher Hitze im heißen Olivenöl 3-4 Minuten anschwitzen. Etwas von dem Nudelkochwasser zugeben und 2-3 Minuten weiter dünsten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Zum Schluß den Rucola dazu geben und kurz durchschwenken.

Die Spaghetti in ein Sieb schütten und abtropfen lassen. In eine vorgewärmte Schüssel füllen und mit der Sauce vermischen. Mit zerbröseltem Fetakäse bestreuen.

8 Kommentare:

  1. Liebe Margit, vielen, vielen Dank für ein bärlauchfreies Rezept. Schon als der Hype losging, habe ich mich gesperrt. Rucola habe ich vor über 20 Jahren in Südtirol kennengelernt: Da holte der Jausenwirt Josef wilde Rucola aus seinem Kräutergarten hinterm Haus und von der Wiese. Köstlich! Dann wurde Mitteleuropa überschwemmt, und es ging nichts mehr ohne Rucola - gezüchtet natürlich. Da war für mich Schluss.
    Zur Zeit bin ich immer leise gespannt bei meienr täglichen Foodbloglektüre. Anti-Bärlauch-Schreikrämpfe könnte ich kriegen.
    Ach ja, letzte Woche habe ich Sauce Romesco gemacht - ein spanischer Freund hatte mir Nora mitgebracht -, und ich war glücklich, einen Kunzke-Hinweis zur echten Romesco zu finden. auch hierfür Danke! Herzlich aus Berlin, Thea

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  2. @Thea: Vielen Dank Thea, da habe ich mit Dir wenigstens noch eine Mitstreiterin ;-)

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  3. Und in mir hast Du noch eine Mitstreiterin! Seit einigen Jahren schon geistert dieser Bärlauchwahn nun durch die Kochseiten und Communities. Da ich Bärlauch in Italien nicht bekomme, habe ich mir mal vor einigen Jahren - neugierig geworden - in der Kühlbox Bärlauch mit nach Rom gebracht und zu Pesto verarbeitet. Ich war letztlich mehr als enttäuscht vom Ergebnis! Brauche ich nicht!
    Danke für diesen wunderbaren Beitrag - und die Pasta macht sofort Appetit!
    Saluti
    Ariane

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  4. @Ariane: Da sind wir schon Drei und wie man im FB sieht noch mehr. Als Bärlauch noch nicht in Mode war, habe ich ihn auch ab und zu gepflückt. Wie Du sagst, der Geschmack war eher enttäuschend. Mir schmeckt die Kombination Rucola und Knoblauch besser ;-)

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  5. Liebe Margit,
    Auch ich möchte mich für die historischen Hintergrundinformationen zu Rauke, Knoblauch und Bärlauch bedanken, die ich mit großem Interesse gelesen habe, auch wenn ich Bärlauch sehr gerne mag.
    Mit Deiner Vermutung, dass Bärlauch (früher?) solche Begeisterung auslöste, weil es das erste Grün ist, welches im Frühjahr wild zu ernten ist, könnte durchaus etwas dran sein. Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, wie toll ich als Kind fand, wenn es um Ostern herum Kartoffelsuppe mit zuvor gepflücktem Bärlauch gab. Ähnlich begeistert reagierte ich, als ich vor zwei Wochen bei einem Waldspaziergang unvermutet auf eine riesige Fläche Bärlauch stieß. Und diese Freude ist keinem aktuellen Hype geschuldet, sondern dem Frühlingserwachen!
    Gourmandise

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  6. @Gourmandise: Liebe Andrea, Bärlauch gab es schon immer. Nur in den letzten Jahren stürzt sich alles auf Bärlauch, weil er einfach "in" ist. Man/frau muß ihn einfach haben. Deshalb tauchen z.Zt. überall Bärlauchrezepte auf. Irgendwann kommt er wieder aus der Mode und dann essen nur noch die Bärlauch, die ihn vorher schon gegessen haben.

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  7. Liebe Margit,
    dass Bärlauch zur Zeit in nahezu allen Food-Blogs Thema ist, ist nicht zu bestreiten. Ich sehe das jedoch nicht so kritisch wie Du. Vielmehr freue ich mich darüber, dass immer mehr Leute passend zur Jahreszeit kochen, also saisonale Gemüse nutzen.
    Andrea (alias Gourmandise)

    PS:
    Außerdem ließe sich über Rucola dasselbe sagen wie über Bärlauch. Rucola wurde vor ein paar Jahren schließlich plötzlich auch total "in". Jeder musste ihn essen, zunächst zumeist für irre Preise im Restaurant. Dabei gab es Rauke schon seit Ewigkeiten in Deutschland, als arme Leute Salat, da das Zeug ja überall wächst. Trotzdem kaufen seit diesem Rucola-Hype immer noch erstaunlich viele Leute Rucola und essen damit Rauke. Vielleicht bleibt also auch der ein oder andere Bärlauch-Esser übrig. Ich finde auf jeden Fall gerade praktisch, dass seit dem Hype auf dem Wochenmarkt viel mehr Bärlauch angeboten wird..

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  8. @Gourmandise: Liebe Andrea, es geht (mir) weniger um den Bärlauch als solchen, sondern um dieses typisch deutsche Massenverhalten. Wenn etwas Mode wird, egal ob es Bärlauch, blaue Christbaumkugeln, Fleisch von Iberischen Schwein oder Sushi ist, alle Deutschen stürzen sich darauf, wollen es haben oder essen, unabhängig davon ob es ihnen gefällt oder schmeckt. Aber es ist IN und nur das zählt. Da bei solchen Phänomenen auch immer gute Geschäfte zu machen sind und die Konsumenten erstaunlich uninformiert sind über das, was sie da eigentlich kaufen, wird schnell eine Massenproduktion daraus. Da lassen sie sich einen gezüchteten Pyrenäenmilchstern als wilden Spargel andrehen, der weder wild ist noch Spargel, kaufen iberisches Schweinefleisch aus übelster Massentierhaltung und glauben sie hätten Schwein gekauft, das frei lebt und Steineicheln frisst, kaufen Bärlauch, der noch nie einen Wald gesehen hat, sondern aus dem Gewächshaus kommt, etc., etc. Irgenwann kommt es wieder aus der Mode, dann stürzen sich alle auf ein neues Produkt ;-)

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