Sonntag, 2. Juni 2013

Marillenknödel aus Topfenteig frei nach Joschi

Marillenknödel waren die Spezialität meines zweiten Vaters. Joschi wurde zwar in Böhmen geboren. Doch die Familie stammte aus Wien. Joschi wuchs in einem Frauenhaushalt auf. Umgeben von der vornehmen Tante Mizzi, der wuscheligen Tante Idl und der strengen Tante Gustl – damals lebte man noch in Großfamilien – lernte er in der großen Küche des Gutshofes kochen. Heimlich natürlich, denn zu Joschis Kindheit war es noch ganz und gar unmännlich für kleine Jungen, sich fürs Kochen zu interessieren. Alles was er damals sah und hörte, hat er mit seiner gestochenen Schrift später in kleinen, schwarz eingebundenen Notizbüchern aufgeschrieben: Mohnbuchteln mit Vanillesauce, Marillen- oder Zwetschkenknödel, Lungenbraten, Beuschel, Germknödel, Serviettenknödel, Apfelstrudel, Powidlgolatsche, Powidldatschgerl, Striezel, etc., etc. Alle diese Köstlichkeiten blieben uns erhalten.
Doch zurück zu Joschis Marillenknödeln. Was Joschi beim Zubereiten seiner Marillenknödel jedesmal ein bißchen Kummer bereitete war die Tatsache, daß in Stuttgart keine echten Wachauer Marillen erhältlich waren. Nicht einmal in der berühmten Stuttgarter Markthalle. Denn nur mit diesen köstlichen Früchten aus Niederösterreich hätten die Marillenknödel den richtigen Geschmack pflegte Joschi zu erklären.  Wachauer Marillen bekomme ich in Spanien auch nicht. Doch hier genießen die Marillen ausreichend Sonne und Wärme, um süß und aromatisch zu schmecken. Die Saison fängt gerade an.
Wenn Joschi seine Marillenknödel zubereitete, bekam meine Mutter regelmäßig einen Anfall und ich überfraß mich immer. Den Anfall bekam meine Mutter, weil in der Küche nachdem Joschi sie zwecks Herstellung von Marillenknödeln benutzt hatte, ein großer Pallawatsch herrschte. Wie ein Schlachtfeld schaut's aus, seufzte meine Mutter regelmäßig. Da Joschi wenn er kochte wohl in Erinnerung an seine Großfamilie immer viel kochte, schaffte ich es durchaus mehr als zehn seiner köstlichen Marillenknödel zu verspeisen. Auch der feine Marillenschnaps, den er nach dem Essen immer servierte, half da nicht mehr viel.

Die Marillenknödel von Joschi koche ich zum erstenmal nach seinem Rezept. Ich hoffe, er wird mir keine fransen, wenn er meine Marillenknödel sieht. An seine kommen die nicht heran.....zumal ich auch den geriebenen Quark, den Joschi gelegentlich zu seinen Marillenknödel reichte, aus dem in Spaniern erhältlichen Quark beim besten Willen nicht herstellen konnte.


Das wäre dann mein Beitrag zu Zorras LXXXVIII Blogevent, den diesmal Susi die Turbohausfrau von Prostmahlzeit unter dem Titel Österreich kulinarisch veranstaltet.


Marillenknödel aus Topfenteig frei nach Joschi
Reife Marillen (Aprikosen)
60 g Semmelbrösel
1-2 EL Butter
Zucker und Zimt
Evtl. Würfelzucker
Für den Topfenteig:
500 g Quark (Topfen)
4 Eigelb
6-8 EL Mehl
1 Prise Salz

Den Topfen in ein Küchenhandtuch aus Baumwolle geben. Das Handtuch an einen Kochlöffel binden , den Kochlöffel auf den Rand eines großen Topfes legen und den Topfen über Nacht abtropfen lassen. Man kann den Topfen auch im dem Handtuch sehr gut ausdrücken.

Den abgetropften Topfen in eine Schüssel geben. Mit den Eigelben gut verrühren. Dann langsam so viel Mehl durch ein Haarsieb dazugeben, bis der Teig ausreichend fest ist. Den Topfenteig 30 Minuten zugedeckt ruhen lassen.

Dann mit bemehlten Händen den Teig zu einer Rolle formen. Aprikosengroße Stücke von der Rolle abschneiden. Die Stücke flachdrücken und die ganze Aprikose in die Mitte legen. Die Aprikose mit dem Topfenteig fest ummanteln. Die Frucht sollte vollständig von dem Teig umhült sein. Die Marillenknödel in siedendes leicht gesalzenes Wasser geben und circa 10-12 Minuten sanft köcheln. Die Marillenknödel sind gar, wenn sie an die Wasseroberfläche steigen.

Inzwischen Butter in einer Pfanne schmelzen.  Semmelbrösel in der Butter unter Rühren goldbraun bräunen. Eventuell mit etwas Zucker würzen. Zucker mit Zimt vermischen.

Die Marillenknödel aus dem Kochwasser nehmen, leicht in den gebräunten Semmelbröseln wälzen und in einer Schüssel anrichten. Zimt-Zucker dazu reichen.

Wenn die Marillen nicht süß genug sein sollten, kann man den Stein entfernen und durch einen Würfelzucker ersetzen.

Blog-Event LXXXVIII - Oesterreich kulinarisch (Einsendeschluss 15. Juni 2013)

6 Kommentare:

Susi L. hat gesagt…

Zehn Marillenknödel kannst du verdrücken! Ja Wahnsinn.

Dass ihr schon Marillen habt, bin ich euch ein bissi neidig. Ich bin gespannt, ob es dieses Jahr überhaupt welche geben wird bei dem Dauerregen.

Gibt es denn in Spanien Topfen? Von Italien weiß ich, dass es Ricotta gibt, aber bei Spanien hab ich gar keine Ahnung.

Margit Kunzke hat gesagt…

@Turbohausfrau: Nach dem Genuß von 10 Marillenknödel bin ich völlig bewegungslos;-) Topfen bzw. Quark gibt es mittlerweile auch in Spanien.

Susi L. hat gesagt…

Es ist ja schon mal eine Großtat, 10 Marillenknödel überhaupt runterzubringen. Aber deine klingen so gut, vielleicht sollte ich ja mal einen Versuch starten. ;)

Danke für die Info mit dem Quark in Spanien. Bei dir kann man doch immer wieder etwas lernen!

Margit Kunzke hat gesagt…

@Turbohausfrau: Dankeschön Susi, das freut mich

Anonym hat gesagt…

Deine Anleitung ist so schön, da werd ich mich bestimmt mal dran versuchen. Stehe nämlich mit Knödeln auf Kriegsfuß und esse diese Quark-Knödel, meist mit Zwetschgen, sooo furchtbar gerne dass ich doch immer wieder drangehe.... vielleicht gelingen sie mir ja nach deiner Methode besser.

Margit Kunzke hat gesagt…

@Ninive: Die Knödel nach dem Rezept meines zweiten Vaters habe ich auch zum erstenmal gemacht. Sie gelangen auf Anhieb. Sonst habe ich es auch nicht so mit Knödeln. Oft lösen sie sich auf und es wird eine Knödelsuppe. Ich wünsche Dir gutes Gelingen :-)