Donnerstag, 5. Mai 2016

Würzen was das Zeug hält oder lieber minimalistisch ?

Das muß ich jetzt einmal loswerden: Schon seit einiger Zeit fällt mir in vielen Rezepten, die Blogger veröffentlichen, die Masse an Zutaten und Gewürzen auf, mit denen die Speisen aufgepeppt werden. Auch ich koche sehr gerne und experimentiere begeistert mit Gewürzen und Kräutern. Doch muß denn jedes Fischfilet mit dreierlei Gemüsen, exotisch gewürzt, mit knusprigem Serranoschinken plus Bärlauchhaube und Orangenblütenschaum serviert werden? Es geht mir nicht um den Aufwand beim Kochen, sondern darum, daß damit der Geschmackssinn überfordert und der ursprünglichen Geschmack des eigentlichen hochwertigen Grundprodukts meist verfälscht, zumindest aber verdeckt wird. Manche Kombinationen sind sehr schmackhaft, doch wenn ich Rezepte sehe, wo ein Dutzend Gewürze oder mehr verwendet werden, frage ich mich wirklich nach dem Sinn. Ich glaube einfach nicht, daß man das einzelne Gewürz wirklich herausschmecken oder wirklich wahrnehmen kann und auch nicht, daß das Ganze, wild gewürzt und kombiniert,  an Geschmack gewinnt. Da entsteht doch eher eine Geschmackskakophonie.

Garnelen, mit viel Knoblauch und Gewürzen mariniert, schmecken nach allem möglichen, nur nicht mehr nach Garnelen. Bei Spargel, der in einer mit exotischen Gewürzen überfrachteten Sauce serviert wird, geht der typische Spargelgeschmack flöten. In einem Rezept von Alfons Schuhbeck wird die Tomatensauce für ein Hähnchen mit 20 verschiedenen Gewürzen gewürzt. Ich habe es nachgekocht. Der Kommentar des besten aller Testesser war: " Das schmeckt auch nicht besser, als Dein Hühnchen mit einer frischen Tomatensauce !".
Was schmeckt man eigentlich noch, wenn man eine Entenbrust so angeboten bekommt: "Magret de Canard mit einer Sauce, für die Korinandersamen, Kubenenpfeffer und ein paar rosa Beeren gemörsert wurden, angeröstet und mit braunem Zucker und Butter karamellisiert, die Kirschen dazu, mit Marsala und Kirschlikör abgelöscht, ein Schüsschen Balsamico, dann Sauerkirschsaft und jede Menge Geflügelfond dazu,..." oder "Ziegenkäse über Nacht mariniert in einem Sud, bestehend aus weißem Balsamicoessig, Himbeeressig, Pimentkörnern, Thymian, Rosmarin und Honig" oder Rinderschmorbraten auf Safran-Olivenöl Polenta mit Mandel-Minz Pesto oder da wird als Marinade für Huhn mit Lavendelglasur empfohlen, Koriander, Fenchel, Tasmanischer Pfeffer, Nelken und Piment zu mörsern (vorher leicht angeröstet zum Herauskitzeln der Aromen), dann mit Armagnac aufgießen.." und das Huhn darin zu marinieren. Röstet man Gewürze wie Pfeffer, Gewürznelken, Piment, Muskat, etc.an,  verändert man ihr Aroma, aber man verbessert es nicht automatisch. Wenn eine Forelle gar mit 17 Gewürzen und Kräutern gegart wird, darunter solche wie Basilikum, Oregano und Koriander sowie Zitronengras, die sich per se nicht besonders gut vertragen und dann die Gemüsebeilage noch mit Kokosmilch und Teriyaki-Sauce gewürzt wird, was soll dann von der feinen Eismeer Forelle noch an Geschmack übrig bleiben?. Oder war sie womöglich nicht frisch? Diese abenteuerliche Mischung Kohlrabilasagne mit Jakobsmuscheln, Morcheln ,Entenstopfleber und Cassisreduktion oder Maroni-Kokosmilch-Cappucino mit Jakobsmuscheln in Vanille-Butter und Amarettinibröseln lassen mich an den Spruch des italienischen Komponisten Gioacchino Rossini  denken: "Falsche Gewürze tun ebenso weh wie falsche Töne."

Angesichts dieses heillosen Durcheinanders von Aromen wird mir nur noch schwindlig, denn da wird gewürzt, was das Zeug hält. Wer viel würzt hat etwas zu verbergen. Das sagte kein anderer als der Stuttgarter Sternekoch Vincent Klink. Oder um den von mir sehr geschätzten Schweizer Kochbuchautor und Blogger Claudio del Principe zu zitieren, der auf die Frage "Was glaubst du, können die Schweizer von den Italienern lernen?" antwortete:" Die Einfachheit. Dass geschmacklicher Reichtum entsteht, wenn man Zutaten weglässt. Häufig sind Hobbyköche überambitioniert; werfen dieses und jenes in den Kochtopf. Im Buch findet man grandiose Rezepte mit lediglich zwei Zutaten. Aber sobald man anfängt, die Zutaten beliebig auszutauschen, raubt man dem Rezept die Seele und bringt sich um den einzigartigen Genuss." Das sollte man vielleicht auch den Deutschen ins Kochbuch schreiben!


Nichts gegen einen exotischen Touch und Gewürze in der Küche. Circa 70 verschiedene Gewürze und Kräuter beherberge ich in Küche und Garten. Doch zumindest ich will noch die Grundzutat herausschmecken, von dem Gericht, das ich da gerade koche. Gewürze und Kräuter sollen vor allem den Eigengeschmack des Gerichtes unterstreichen, verstärken und ergänzen, aber nicht erschlagen. Man sollte niemals so viel Gewürz oder zu viele Gewürze verwenden. Der Eigengeschmack des Gerichtes, der Suppe, des Gemüses, des Fleisches oder Fischs oder des Salates, wird überdeckt, das Gewürz schmeckt vor.
Ja aber...höre ich da manchen einwenden, was ist dann z.B. mit Curry oder Raz el Hanout. In diesen Gewürzmischungen kommen oft bis zu 20 verschiedene Gewürze vor. Bei einer Gewürzmischung wie Curry oder Raz el Hanout darf kein Gewürz die Hauptrolle spielen. Jede Zutat spielt ihren Part. Das Ganze macht dann eine komplexe und hocharomatische Mischung aus.

Das Besondere an minimalistischen Gerichten ist daß die Zutaten durch Frische und gute Qualität,  regional und saisonal ausgesucht, wirklich noch ihren Eigengeschmack beibehalten. Ich plädiere für diese Schlichtheit. Es ist keineswegs simpel, Einfaches perfekt zu kochen. Das gilt z.B. für diesen frischen, regionalen und saisonalen grünen Spargel. Meine Obst- und Gemüsehändlerin Pepa hatte ihn morgens frisch aus Granada in den Laden bekommen. Mittags landete er in meiner Küche bzw. auf meinem Teller. Das erstklassige Olivenöl hatte der beste aller Testesser von seinem Kurzurlaub in Katalonien mitgebracht. Die Zitrone stammt von Nachbars Baum und das Salz war Fleur de Sel aus den nahegelegenen Salinen von Ibiza.

Grüner Spargel mit Zitrone und Olivenöl
250 g grüner Spargel pro Person
Meersalz
1 Prise Zucker
bestes Olivenöl nativ extra
1 Zitrone frisch vom spanischen Baum oder aus Amalfi
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer oder noch besser Roter Kampotpfeffer
Maldonsalz oder Fleur de Sel aus Ibiza

Die harten Enden des Spargels abbrechen. Wasser mit Salz und einer Prise Zucker aufkochen. Die Spargelstangen ins kochende Wasser legen und je nach Dicke 6-8 Minuten kochen.

Spargelstangen aus dem Topf nehmen, kalt abbrausen, abtropfen lassen und auf einen Teller legen. Mit Zitronensaft, Olivenöl, Fleur de Sel und Pfeffer bestreuen.


2 Kommentare:

Tim hat gesagt…

Dann musst du unbedingt Kampot-Pfeffer ausprobieren :) https://thepepperhill.com/

Margit Kunzke hat gesagt…

@Tim. Roter Kampotpfeffer gehört schon lange zum festen Bestandteil meiner Gewürze. Trotzdem danke für den Tip