Mittwoch, 20. Dezember 2017

Statt Weihnachtsgans: Geschmorte Wachteln mit roten Bohnenkernen aus Tolosa


Als wir noch eine Großfamilie waren, war mein Vater an Weihnachten für die Zubereitung der mächtigen Weihnachtsgans zuständig, die den Ehefrauen, Töchtern, Schwiegertöchtern und Enkel ausgezeichnet mundete. Mittlerweile ist die Familie leider sehr geschrumpft. Da wäre eine Gans wohl viel zu viel. Außerdem werden hier in meiner spanischen Region auch zu Weihnachten allenfalls nur tiefgefrorene Weihnachtsgänse aus Polen angeboten. Die haben bei weitem nicht den guten Geschmack, den die von meinem Vater direkt beim Schwarzwälder Bauern gekaufte Gans hatte. Als Alternative für die Kleinstfamilie habe ich Wachteln genommen. Eine Wachtel pro Person reicht für eine Vorspeise. Als Hauptgericht sollte man zwei der kleinen Vögel nehmen.

Vom Testkochen für mein jüngstes Kochbuch Spanien vegetarisch, hatte ich reichlich von den ausgezeichneten Alubias de Tolosa,  dunkelrote Bohnenkeren aus Tolosa im Baskenland übrig. Im Baskenland sagt man, wer arbeitet, tut es, um Bohnenkerne ins Haus zu bringen. Das zeigt die Bedeutung, die diese und andere Bohnenkerne einst als Grundnahrungsmittel hatten. Dabei wurden Bohnenkerne, als sie im 16. Jahrhunderts aus Südamerika nach Spanien importiert wurden, zunächst als Viehfutter in Gebrauch. es dauerte viele Jahre, bis diese Hülsenfrüchte ab dem 18. Jahrhundert von den Bauern und den Hausfrauen akzeptiert wurden, bis sie dann ein Hauptbestandteil der baskischen Küche wurden und die Dicken Bohnen sowie die Kastanien ersetzten, die bis dato die Rolle innehatten. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts waren Bohnenkerne fast täglich auf dem Speiseplan der baskischen Haushalte zu finden. Eine Statistik von 1914 erzählt, daß die Jahresproduktion von Bohnenkernen vier Millionen Kilo betrug. Das Verschwinden großer landwirtschaftlicher Flächen durch die zunehmende Industrialisierung und eine Änderung der Eßkultur ließ den Verbauch von Bohnenkernen im Baskenland auf nur noch 400.000 Kilo pro Jahr sinken. Erst in den verganegen Jahren steigt der Verbauch an Bohnenkernen und anderen Hülsenfrüchten wieder. Vielleicht auch durch die neuerliche Veränderung der Eßgewohnheiten z.B.die Tatsache, daß auch in Spanien die Menschen weniger Fleisch essen oder gar Vegetarier sind. Bohnenkerne gehören zu den besten pflanzlichen Proteinlieferanten.

Was ist das Besondere an den Alubias de Tolosa? Das ist einmal ihr exquisiter, buttriger Geschmack. Außerdem lassen sie sich, einmal eingeweicht und gekocht, problemlos einfrieren, was das spontane Zubereiten von Bohnengerichten sehr erleichtert. Ihren Namen haben die Bohnenkerne nicht etwa, weil sie nur um Tolosa herum angebaut werden, sondern eher von dem seinerzeit sehr bedeutenden Wochenmarkt von Tolosa. Dieser findet seit 1.256 regelmäßig statt. Dazu muß  man wissen, daß Tolosa verkehrstechnisch sehr günstig liegt. Hier mussten alle Händler und Besucher vorbei, die von Navarra, Aragón und Castilla nach Frankreich wollten. Auf dem Markt wurden neben anderen Lebensmitteln auch die Überschüsse an Bohnenkernen an eben jene Reisende und Händler verkauft. D.h. der Name kommt zunächst einmal daher, daß man seine Bohnen in Tolosa gekauft hatte.
Es existiert noch eine Variante der dunkelroten Alubia de Tolosa, die fast schwarze Tolosako Babarruna. Das ist die Luxusausführung der gewöhnlichen Bohnenkerne von Tolosa. Das Kilo kostet fast 20 Euro, sofern man sie überhaupt bekommt. Sie wird nur noch von rund 40 Bauern angebaut. Auf den rund 20 Hektar rund um den Ort Babarruna ernten sie circa 25.000 Kilo pro Jahr. Da die meisten Felder in gebirgigen Zonen liegen, ist die Bearbeitung und die Ernte fast ausschließlich Handarbeit.

Außer mit gebratenen oder geschmorten Wachteln, isst man im Baskenland die Alubias de Tolosa gern  deftig mit Bauchspeck, Blutwurst, Schweinerippe und Chorizo oder in wärmenden Eintöpfen. Ein ganz besonderer Genuß sind die frisch geernteten Bohnenkerne, pochas genannt, die es leider nur für ganz kurze Zeit im Früherbst gibt.
Geschmorte Wachteln mit roten Bohnenkernen aus Tolosa
Für 2 Personen als Vorspeise:
125 g rote Bohnenkerne, am besten aus Tolosa (Judías de Tolosa)
1 kleine Karotte
1 Lorbeerblatt
2 Zweige Thymian
1-2 Gewürznelken
1 Stückchen getrocknete Orangenschale
1 kleine rote Zwiebel
2 rosa Knoblauchzehen
2 küchenfertige Wachteln
1 Schalotte
circa 1/8 l trockener Rotwein
Olivenöl nativ extra
Meersalz oder Orangensalz

Rote Bohnenkerne über Nacht in kaltem Wasser einweichen. Am nächsten Tag die Bohnen in ein Sieb schütten, abspülen und abtropfen lassen.

Karotten schälen und in kleine Würfel schneiden.  Zwiebel häuten und mit den Nelken bestecken. Bohnenkerne mit kaltem Wasser aufsetzen. Zwiebel, Knoblauch, Lorbeerblatt, Thymian, Orangenschale, Karottenwürfel und Salz sowie einen Schuß Olivenöl zugeben. Aufkochen lassen. Bei mittlerer Hitze circa 35-40 Minuten kochen. Die Bohnenkerne dürfen nicht zu weich werden. Wenn sie gar sind, abschütten und abtropfen lassen. Gewürze, Zwiebel, Knoblauch und Kräuter entfernen.

Schalotte häuten und fein hacken. Wachteln längs halbieren. Leicht mit Orangensalz würzen. Olivenöl in einer Kasserolle erhitzen. Wachteln von allen Seiten im heißen Öl in circa 5 Minute goldbraun anbraten. Zum Schluß die Schalotten kurz mit anschwitzen. Mit Rotwein ablöschen. Zugedeckt bei schwacher bis mittlerer Hitze circa 25-30 Minuten schmoren.

Abgetropfte Bohnenkerne zugeben und 5 Minuten mit erhitzen.

Die Wachtelhälften auf den Bohnenkernen servieren.


Mittwoch, 6. Dezember 2017

Fürs Weihnachtsmenu: Forellenmousse mit grünem Pfeffer und Sauce Gribiche

Nein wir basteln nicht für Weihnachten, sondern wir probieren Rezepte fürs Weihnachtsmenü rechtzeitig aus. Bei meinem Fischhändler waren schöne, frische Lachsforellen im Angebot. Forellen eignen sich wunderbar zur Herstellung einer feinen Mousse. Eine Mousse hat u.a. den Vorteil, daß man sie zwei, drei Tage vor dem Fest zubereiten kann und folglich nicht in Kochstress kommt. Außerdem ist Forellenmousse eine schnell und leicht herzustelllende Vorspeise fürs Weihachtsmenu.

Dazu schmecken ein ofenwarmes Baguette oder frisches, kräftiges Körnerbrot und ein Feldsalat mit einer Vinaigrette aus einem Hauch Knoblauch, Meersalz, frisch gemahlenem Pfeffer, Zitronensaft und bestem Olivenöl und eine Sauce Gribiche. Das ist eine kalte Sauce aus der traditionellen französischen Küche, mit pikant-würzigem, leicht säuerlichem Geschmack. Die Mayonnaise als Grundlage der Sauce Gribiche, ist natürlich hausgemacht. Je nach Saison gibt man noch fein gehackte Kräuter wie Petersilie, Estragon oder Koriander dazu. Die haben aber auch in Spanien zur Zeit keine Saison mehr. In Frankreich ist man Sauce Gribiche ganz klassisch zu Tête de Veau (gekochter Kalbskopf) oder Sülzen, zu Fisch, Krebsen und  anderen Schalentieren, zu Spargel und Gemüse.

Natürlich wollte ich wissen, woher der Name Gribiche kommt. Trotz intensiver Suche habe ich im Internet nicht wirklich finden können, woher er stammt.  Ich fand allerdings heraus, daß der französische Regisseur Jacques Feyder im Jahr 1926 einen Stummfilm mit dem Titel Gribiche gedreht hatte, nach einem gleichnamigen Roman des französischen Schriftstellers Frédéric Boutet (1874-1941).
Fündig wurde ich dann in meinem französischen Larousse. Dort steht gribiche stamme möglicherweise aus dem normannischen Dialekt. Damit bezeichne man eine femme méchante (böse Frau). Das Wort wiederum stamme vom Niederländischen kribbich, womit ein Bruddler bzw. Griesgram gemeint sei.
Das erklärt immer noch nicht, warum diese gute Sauce so heißt. Vielleicht weiß das jemand. Dann möge er mir es bitte mitteilen.



Forellenmousse mit grünem Pfeffer und Sauce Gribiche
1 Lachsforelle (circa 600-700 g)
1 TL Butter zum Braten der Forelle
1 Schalotte
50 ml trockener Weißwein
Für die Mousse
500 g Lachsforellenfleisch ohne Gräten
150 g Butter
2 EL Schmand oder Crème Fraîche
Zitronensalz
1/2 TL abgeriebene Zitronenschale
2-3 EL eingelegte grüne Pfefferkörner
Meersalz
Dazu schmecken: 
Ofenwarmes Baguette oder frisches, kräftiges Körnerbrot und Feldsalat mit einer Vinaigrette aus einem Hauch Knoblauch, Meersalz, frisch gemahlenem Pfeffer, Zitronensaft und bestem Olivenöl
und eine Sauce Gribiche. (Rezept siehe unten)

Forelle ausnehmen, sofern das der Fischhändler nicht gemacht hat.  Schalotte häuten und fein hacken.

1 TL Butter in einer großen Pfanne erhitzen. Forelle in die heiße Butter legen und von beiden Seiten bei mittlerer Hitze garen.

Forelle aus de Pfanne nehmen, abkühlen lassen. Haut und Gräten entfernen. Das Forellenfilets zerpflücken. Grünen Pfeffer aus dem Glas nehmen und abtropfen lassen. 150 g Butter in kleine Stücke schneiden.

Fein gehackte Schalotte in der Butter, in der die Forelle gegart wurde, bei mittlerer Hitze 3-4 Minuten anschwitzen. Mit Weißwein ablöschen.

Forellenstücke, Schalotten samt Bratfett, Butterstücke, Crème Fraîche und Zitronenschale im Mixer fein pürieren. Mit Zitronensalz gut abschmecken. Grüne Pfefferkörner unterrühren.

Mousse in 4-6 kleine Ramequins oder in eine größere, runde Form füllen. Glatt streichen und mit Folie abgedeckt für mindestens 4 Stunden in den Kühlschrank stellen.

Dazu schmecken ofenwarmes Baguette oder frisches, kräftiges Körnerbrot und Feldsalat mit einer Vinaigrette aus einem Hauch Knoblauch, Meersalz, frisch gemahlenem Pfeffer, Zitronensaft und bestem Olivenöl.

Sauce Gribiche zur Forellenmousse:
1 hart gekochtes Ei
1 rohes Eigelb
1 TL Dijonsenf (Weißweinsenf)
1 TL Weißweinessig oder Verjus
150 ml bestes Sonnenblumenöl
1 Schalotte
8 Schnittlauchhalme
1 TL kleine Kapern (Non-pareilles)
1 TL Zitronensaft
Meersalz
frisch gemahlener, weißer Pfeffer

Eigelb, Senf,  Weinessig, Salz und Pfeffer verrühren. Unter ständigem Rühren das Sonnenblumenöl einfließen lassen. Rühren, bis eine glatte Mayonnaise entsteht.

Schalotte häuten und fein hacken. Schnittlauch mit der Schere in feine Röllchen schneiden. Das hart gekochte Ei schälen und nicht zu fein hacken. Alles zusammen mit den Kapern unter die Mayonnaise ziehen. Zum Schluß den Zitronensaft zugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken.