Montag, 24. Februar 2014

Wildschweinragout auf korsische Art oder wie man zu einem Myrtestrauch kommt

Seit ein paar Tagen bin ich stolze Besitzerin eines Myrtestrauches. Antonio el Guapo, der schöne Antonio, hatte ein Wildschwein geschossen und mir davon die Schulter geschenkt. Da kam Freude auf, denn Wild ist hier kaum erhältlich, wenn man einmal von ein paar mickrigen Hasen, Kaninchen und Fasanen absieht. Daß ich aus einem Teil dieses Wildschweins eine Wildschweinpastete zubereiten würde, war mir gleich klar. Doch was tun mit dem Rest. Beim Stöbern im Internet stieß ich immer wieder auf Wildschweinragout auf korsische Art. Was ist denn eigentlich korsische Art?  
"Dieser hauchzarte Duft nach Thymian und Mandeln, Feigen und Kastanien... und dieser Hauch von Kiefer, diese leichte Andeutung von Beifuß, diese Ahnung von Rosmarin und Lavendel... ach, meine Freunde, dieser Duft! ...das ist Korsika!"  So schwärmt Osolemirnix, der korsische Sippenchef, als er zusammen mit Asterix und Obelix aus seiner Gefangenschaft in Gallien nach Korsika zurückkehrte und einen korsischen Käse anschnitt.
Bei meinen Recherchen stellte ich fest, daß sich in der korsischen Küche italienische, spanische, die provençalische und arabische Komponenten vereinen. Vor allem verstehen es die Korsen mit würzigen Kräutern umzugehen.  Kräuter die aus der Maquis stammen, dem undurchdringlichen Pflanzenteppich aus Rosmarin, Myrte, Wacholder, Ginster, Mastixstrauch, Thymian, Lavendel, Fenchel und anderen Kräutern und Gewächsen. Dieser Sträucherteppich überzieht die halbe Insel und duftet himmlisch nach Mittelmeer. Diese Kräutern der Maquis, verleihen den korsischen Gerichten ihren unnachahmlichen Duft und die  typische Würze.
Die Myrte ließ mich stutzen. Myrte kannte ich als grünen Zweig im Kranz, der die Braut schmückt und auch das Revers der männlichen Hochzeitsgäste. Myrte war der Aphrodite geweiht, der griechischen Göttin der Liebe und Schönheit. Schon im 16. Jahrhundert war es in Deutschland Brauch, daß die frisch gebackene Ehefrau einen Myrtezweig in die Erde steckte. Wuchs er an, so sah man das als Zeichen, daß das Eheglück vielleicht beständig sein könnte.
 Da die Myrte als typisches Mittelmeerkraut wärmeliebend ist, musste man den Strauch im kalten deutschen Winter ins Haus holen, damit die Myrte und mit ihr auch das Eheglück nicht erfrieren. Daher gilt die Myrte als eine der ältesten Zimmerpflanzen. Nur als Zutat in der Gastronomie war mir Myrte völlig unbekannt. Dabei ist die Myrte (Myrtus communis) ein uraltes Küchenkraut, das nicht nur zu Heilzwecken und heiligen Zwecken verwendet wird. Schon vor mehr als zweitausend Jahre vor Christus würzten die Ägypter ihr geliebtes Bier mit Myrte, Safran und Anis. Die Wikinger verfeinerten ihren Beeren- und Honigwein u.a. mit Myrte. Griechen und Römer nutzten in Wein gekochte Myrte als Stärkungsmittel für den Magen. Auf Korsika und Sardinien wird aus den Myrtebeeren ein würziger Likör zubereitet, den man gern als Digestif trinkt. Mit Myrtezweigen aromatisiert man gegrilltes Fleisch oder man benutzt Myrte als Grillholz. Das verleiht dem Fleisch einen herb-würzigen und sehr angenehmen Geschmack. Getrocknete Myrtebeeren benutzt man zum Würzen von Wildgerichten,  Eintöpfen und Fischsuppe oder in Rotkraut und Sauerkraut statt Wacholderbeeren. Die getrockneten Myrtebeeren sind sehr aromatisch und können im Gegensatz zu den Wacholderbeeren gut mitgegessen werden. Nur wo bekomme ich Myrteblätter oder Myrtebeeren her? Überall wo ich fragte, stieß ich auf Kopfschütteln. Da fuhr ich kurzerhand zu meiner Gärtnerin. Die hatte einen kleinen Myrtestrauch. Der steht jetzt auf meiner Terrasse. So kommt man unverhofft zu einer Myrte. Vielleicht kann ich ja dann im Spätsommer oder Herbst auch Myrtebeeren ernten. Ich habe mangels Beeren die Myrteblätter in die Rotweinmarinade getan und auch nachher mitgeschmort. Es lohnt sich, denn das Wildschweinragout erhielt einen unnachahmlich würzigen Geschmack.
Mein Rezept wurde unter der Rubrik "Wildrezepte für Genießer: Unsere Favoriten aus dem Netz" vom Grube Blog ausgewählt.


Wildschweinragout auf korsische Art mit Myrte
1 kg Wildschwein ohne Knochen
Für die Marinade:
1 kleine, rote Zwiebel
1 l trockener, kräftiger Rotwein, ideal wäre korsischer
je 1 Zweig Thymian und Rosmarin,
2 Lorbeerblätter
10 Myrteblätter
3-4 EL Olivenöl nativ extra
5 rosa Knoblauchzehen
1 EL Mehl
Meersalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Das Fleisch in kleinere Würfel schneiden. Die Zwiebel häuten und in dünne Scheiben schneiden. Fleisch mit Lorbeer, Thymian, Rosmarin, Myrteblättern Zwiebel und Knoblauch in eine Schüssel legen. Leicht salzen und mit Rotwein übergießen. Zugedeckt im Kühlschrank zwei, drei Tage marinieren.

Das Fleisch aus der Marinade nehmen, abtropfen lassen und mit Küchenpapier trockentupfen. Marinade durch ein Sieb gießen. Zwiebelringe, Knoblauch und Kräuter aufheben.

Olivenöl in einem Topf erhitzen. Die Wildschweinwürfel portionsweise im heißen Öl anbraten. Zwiebel und Knoblauch zugeben und kurz mitbraten. Mit einem Eßlöffel Mehl bestäuben und gut umrühren. Dann mit der Marinade ablöschen. Kräuter, Lorbeer- und Myrteblätter zum Fleisch geben. Aufkochen lassen und zugedeckt bei schwacher Hitze anderthalb bis zwei Stunden köcheln. Eventuell noch etwas Rotwein nachfüllen.

Ich habe das korsische Wildschweinragout mit Safranspätzle serviert. Da ich zu faul war, Spätzle selber zuzubereiten, habe ich ins Kochwasser eine Prise Safranpulver gegeben. Das erklärt die schöne gelbe Farbe.

Das ist dann auch mein Beitrag zu Jan Theofel Blogparade Wild(-rezepte) die er in seinem Küchen Atlas Blog veranstaltet.
Blogparade: Wild(-rezepte)

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