Montag, 7. Mai 2012

Frankfurter Grüne Soße oder kleine Geschenke erhalten die Freundschaft


Meine Freundin G. wohnt in Frankfurt. Wie fast jedes Jahr, kam G. auch in diesmal über den 1. Mai ein paar Tage zu Besuch nach Spanien.  Als ich sie am Flughafen abholte, schwenkte sie schon von weitem ein kleines, weißes  Paket mit grüner Aufschrift. Sie hatte mir doch tatsächlich aus der Kleinmarkthalle in Frankfurt ein Kräuterpaket für die Frankfurter Grie Soß mitgebracht. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft...

Was für die Schwaben am Gründonnerstag ihre Maultaschen sind, ist fïr die Hessen ihre Grie Soß. Dabei ist die Grüne Soße gar keine echte Frankfurter Erfindung, sondern schon uralt. Sozusagen ein antiker Küchenklassiker. Als salsa viridis ist sie in römischen Kochbüchern zu finden, als salsa verde, sauce verte oder  kennt man sie in südlichen Ländern. In mittelalterlichen Rezeptbüchern taucht sie auch schon auf.  Der pfälzische Botaniker Hieronymus Bock schrieb1545 in seinem  New Kreütter Buch: “...kreutter sind der armen Leute wurtz,  zu allerlei speiß...bringen lust zum essen, dienen dem Magen,  reitzen zu ehelichen wercken”. In der lateinischen Übersetzung dieses Kräuterbuchs erscheint übrigens auch ein Eintrag über die Rieslingrebe.
Wie kam nun die Grüne Sauce nach Deutschland? Darüber streiten sich die Frankfurter und Hessen nach Herzenslust, aber sehr vehement. Einige Quellen verweisen auf die italienische Handelsfamilie Bolongaro, die seit 1733 in Frankfurt vertreten war.  Wahrscheinlicher ist jedoch, daß es die Hugenotten waren, die die Grüne Sauce nach Deutschland brachten. Ende des 17. Jahrhunderts siedelten sich in Nord- und Mittelhessen sehr viele Hugenotten an. Landgraf Karl von Hessen-Kassel gewährte ihnen Asyl, sicherte ihnen Religionsfreiheit und wirtschaftliche Unterstützung zu.
Unwahrscheinlich ist allerdings, daß Frau Aja, die Mutter von Johann Wolfgang von Goethe die Grie Soß erfunden haben soll. Sie starb 1808. Ein gedrucktes Rezept der Frankfurter Variante erschien jedoch zum erstenmal 1860 in einem Frankfurter Kochbuch von Wilhelmine Rührig (Kochbuch für's Deutsche Haus, enthaltend 1093 auserlesene Kochrecepte für vornehme und bürgerliche Küchen).
Alles Legende?.....Goethe hat die Grie Soß höchstwahrscheinlich gar nicht gekannt, geschweige denn jemals gegessen und zur Leibspeise erkoren. Er hat sie auch meines Wissens nie in seinen Schriften erwähnt, wohl aber andere Gerichte wie Teltower Rübchen, Spargel, Schwartenmagen, warmen Krautsalat mit Speck, Wild und Artischocken.
In der Frankfurter Grünen Soße befinden sich traditionell die folgenden sieben Kräuter: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch.  Sagen die Frankfurter...Aber wieso eigentlich nur sieben Kräuter und wieso nur diese?  Die Frankfurter Köchinnen des 19. Jahrhunderts, Wilhelmine Rührig, Frau Rath Schlosser und Wilhelmine Schünemann, verwendeten auch Portulak, Majoran und Estragon. Auch waren sie der Meinung, daß Spinat eine schöne grüne Farbe gäbe.

Und von wegen Dill sei nicht dabei, wie Wolfram Siebeck behauptet. Tja Siebeck lebt halt südlich des Dilläquators, denn etwa in der Höhe von Gießen verläuft die Dillgrenze. Rund um Frankfurt mit ohne Dill und nördlich von Gießen und Alsfeld mit Dill und Schalotten.  Das bringt mich sozusagen in die Zwickmühle, denn mein hessischer Geburtsort liegt ziemlich genau auf dem Dilläquator. Meine Großmutter bereitete die Grie Soß häufig mit Dill zu. Wenn ich welche habe, tue ich das ebenfalls.

In Ohmacht gefallen wäre meine Großmutter wahrscheinlich, wenn sie die heute leider übliche Praxis gesehen hätte, die Kräuter für die Grie Soß mit dem Blitzhacker oder dem Pürierstab zu zerkleinern.  
Die Kräu­ter für die Sauce wer­den tra­di­tio­nell mit dem Wie­ge­mes­ser sehr fein gehackt, die Ver­wen­dung von Pürier­stab oder Blitz­ha­cker ist ver­pönt. Es tut auch dem Geschmack der Kräuter nicht gut, weil die Sauce grasig schmecken kann.
 Auch ist das Wiegen der Kräu­ter von Hand ist keineswegs so mühsam, wie faule Köche oft behaupten. Wenn man es richtig macht, immer kleine Portionen wiegt, die sofort  in die Sauce gerührt werden, verflüchtigen sich auch die ätherischen Öle der Kräuter nicht.
Öl oder Mayonnaise in der Grie Soß liebt man in meiner nordhessischen Region auch nicht so. Man verwendet lieber Schmand und saure Sahne.  Da ich in Spanien keinen Schmand bekomme, habe ich Crème Fraîche genommen. Großmutter möge mir verzeihen....


Frankfurter Grie Soß
Circa 400 g frische Kräuter ( Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpernelle,
Sauerampfer, Schnittlauch, etc.)
500 ml Schmand
250 ml saure Sahne oder Joghurt
evtl. 1 EL Senf
Salz und frisch gemahlener weißer Pfeffer
4 hart gekochte Eier
Zitrone

Schmand mit saurer Sahne oder Joghurt verrühren. Eier schälen und fein hacken. Mit der Soße mischen. Kräuter portionsweise fein wiegen und jeweils sofort mit die Soße verühren. Grie Soß mit Senf, Salz, etwas Zitronensaft und weißem Pfeffer abschmecken.

Am besten bereitet man die Grieß Soß am Vorabend zu und lässt sie über Nacht durchziehen. Zu Pellkartoffeln und hart gekochten Eiern servieren.




2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ach, wie köstlich, liebe Margit ... Da bekomme ich gleich Appetit!

Viele sonnige Frühlingsgrüße
Kristina

✿⊱╮

Bonnie hat gesagt…

Ich auch! :)