Freitag, 11. Mai 2012

Großmutters Rezept: Vanillepudding mit Rhabarber-Erdbeerkompott


Meine Großmutter hatte wie viele Frauen ihrer Generation ein einziges Kochbuch: das Kiehnle Kochbuch. Das vererbte sie meiner Mutter und die wiederum schenkte es mir. Nun ist das Kiehnle Kochbuch als solches schon interessant. Was unser gutes Familienstück für mich noch wertvoller macht, sind die vielen handgeschrieben Zettel mit Rezepten, die sowohl meine Großmutter als auch meine Mutter in das Kochbuch legten. Die Zettel meiner Großmutter sind noch in der alten Sütterlinschrift geschrieben, die ich zum Glück gerade noch im ersten Schuljahr lernte. Sonst hätte ich noch mehr Schwierigkeiten mit dem Entziffern der Rezepte.
Als ich dieser Tage wieder einmal in dem Kiehnle Kochbuch schmökerte, fand ich einen Zettel mit einem Rezept für Großmutters selbst gemachtem Vanillepudding mit Rhabarber- Erdbeer-Kompott. Da kamen Kindheitserinnerungen hoch, denn Großmutters Vanillepudding, selbst gemacht natürlich, war einmalig. Schön gelb vom rohen Eigelb und herrlich locker, vom untergerührten, steif geschlagenen Eiweiß.

Der Pudding hat eine lange Geschichte, nicht nur als Süßspeise. Einst war Pudding eine Art Fleischklops, der in ein Tuch gewickelt in Wasser gekocht wurde. Heute würden wir diese Puddings eher Pastete nennen, denn sie enthielten vor allem Fleisch und Fisch.
Doch bevor der Pudding in Tücher gewickelt wurde, gab es im Mittelalter in England  schon die sogenannten black puddings wie Haggis und white puddings auf Getreidebasis, zu deren Herstellung immer ein Tierdarm als Hülle verwendet wurde. Im Jahr 1617 wurde in England erstmals das Puddingtuch erwähnt. Im 20. Jahrhundert wurde das Puddingtuch durch Puddingformen ersetzt.
Auch die Bezeichnung Pudding stammt aus dem England des 17. und 18. Jahrhunderts. Gemeint war damit der genannte Kloß aus Brot, Gemüse oder Fleisch. Abgeleitet wurde Pudding von dem lateinischen Wort für Wurst botellus. Im ihrem Deutschen Wörterbuch leiten die Gebrüder Grimm das Wort Pudding allerdings von dem französischen boudin für Blutwurst her.
Die Basis war immer Rindertalg. Noch im 19. Jahrhundert wurden einfache Puddings aus Talg, Mehl und Brotkrumen in London auf der Straße verkauft. Der heute noch in der traditionellen englischen Küche servierte Steak and Kidney Pudding ist ein Relikt aus dieser Zeit. Bread pudding war eine süße Variante des Fleischpuddings, aber bei weitem nicht so beliebt wie die fleischliche Version.

Erst im viktorianischen Zeitalter wurden in England auch süße Puddings populär, was vermutlich auf den Einfluß des deutschen Prinzgemahls von Königin Viktoria zurückzuführen ist. Rezepte wie Kaiser Pudding oder Albert Pudding tauchten plötzlich auf. Den Spitznamen Pudding George trug allerdings schon der Vor-Vor-Vorgänger von Viktoria, König Georg I. aus Niedersachsen. Er liebte Pudding jeder Art. Es existiert ein Rezepte aus dem Jahr 1714 mit dem Titel King George's first Christmas pudding. Ob nun dieser Georg I.  für den Georgie Porgie, der später in englischen Kinderreimen auftauchte …

Georgie Porgie, Puddin' and Pie,
Kissed the girls and made them cry,
When the boys came out to play
Georgie Porgie ran away.

...Pate stand, ist nicht gewiß. Gewiß ist nur seine große Vorliebe für Pudding.

Als Stärkeprodukte wie Sago und Kartoffelstärke eingeführt wurden, verschwand der Rindertalg und die Rezepte veränderten sich. Der Milchpudding entstand und damit wurde das Wort Pudding ein Synonym für Süßspeise.  Schon 1870 gab es das erste fertige, süße Puddingpulver. Das berühmte Dr. Oetker Puddingpulver kam um 1898 auf den Markt. Das Fertigpuddingpulver entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zum Klassiker. Bereits 1899 wurden zwei Millionen Päckchen davon verkauft.


Vanillepudding mit Rhabarber-Erdbeerkompott
Für das Rhabarber-Erdbeerkompott:
500 g Rhabarberstangen
250 g Erdbeeren
3 EL Wasser
Zucker nach Geschmack
1 Stück Zitronenschale
Für den Vanillepudding:
2 Eier
40 g Zucker
40 g Kartoffelstärke
600 ml Milch
1 Vanilleschote

Rhabarber waschen, in 2 cm lange Stücke schneiden. In einen Topf geben, mit Zucker bestreuen und 10 Minuten ziehen lassen. 3 EL Wasser und die Zitronenschale zugeben, aufkochen und drei Minuten kochen lassen.

Erdbeeren wenn nötig waschen, vierteln oder achteln. Zu dem fertigen, noch heißen Rhabarberkompott geben. Kompott abkühlen lassen.

Für den Vanillepudding von der Milch 100 ml abnehmen und darin die  Kartoffelstärke verrühren. Vanilleschote längs halbieren und auskratzen. Mark, Vanilleschote und Zucker zur Milch geben und aufkochen. Die Stärke langsam mit dem Schneebesen in die heiße Milch rühren. Circa 1 Minute kochen lassen, dann vom Herd nehmen. Vanilleschote entfernen.

Eier trennen. Eiweiß steif schlagen. Die Eigelb unter den Vanillepuding rühren. Dann das Eiweiß vorsichtig unterziehen. Die Masse eine Puddingform füllen. Will man den Vanillepudding stürzen, die Form erst mit kaltem Wasser ausspülen.

Vanillepudding und Rhabarber-Erdbeerkompott im Kühlschrank gut kühlen. Zum Servieren den  Vanillepudding stürzen und das Rhabarber-Erdbeerkompott drumherum verteilen.

2 Kommentare:

Bonnie hat gesagt…

Echt sehr schön, so etwas zu finden und weiter zu geben. Schade, dass ich so etwas nicht in meiner Familie habe, das wäre aber ein Ansporn ein eigenes für meine zukünftigen Kinder anzulegen... ;)

Margit Kunzke hat gesagt…

Gute Idee Bonnie. Deswegen heißt dieser Blog auch Kochbuch für Max und Moritz. Er ist für meine beiden Söhne gedacht ;-)