Dienstag, 4. Juni 2013

Aus meiner Kräuterküche: Estragon und Petersilie

Ursprünglich stammt der Estragon wohl aus dem fernen Osten. Im alten China wurde er schon um 2000 vor Chr. als Gewürzkraut erwähnt. Auch die Araber verwendeten Estragon gern. Von ihnen bekam das Kraut vielleicht seinen Namen. Sie nannten es tarchun. Daraus wurde dann in Europa dragon. Nach einer anderen Version soll Estragon seinen Namen von dem lateinischen Wort draco für Drache oder Schlange haben. Man glaubte früher, die Estragonblätter könnten Bisse von Giftschlangen heilen. Das würde auch den wissenschaftlichen Namen des Estragons Artemisia dracunculoides erklären.  Erstaunlicherweise ist der fein nach Anis duftende Estragon das einzige Kraut, das die alten Römer offenbar nicht verwendeten. Von den Arabern  gelangte Estragon vermutlich mit den Kreuzrittern nach Südeuropa. In Italien kennt man Estragon seit dem 13. Jahrhundert. In Mitteleuropa taucht das Drakonkraut erst im 16. Jahrhundert auf. Um Estragon rankt sich auch viel Sagenhaftes. Wenn man unter Zahnschmerzen leidet, so soll man Estragonwurzeln kauen oder zur Vorbeugung gegen Erschöpfung soll man sich Estragonzweige in die Schuhe legen. Im alten In Indien stellte man einen Trank aus Estragon und Fenchel her, der Stärke verleihen sollte und im alten England verwendete man Estragon zur Steigerung des Appetits.

Die Petersilie gehört in Europa und im gesamten Mittelmeerraum zu den verbreitetsten Küchenkräutern. Verwendet werden die Krause Petersilie, die für mich ziemlich geschmacklos ist und im Hals kratzt und die Glatte Petersilie, die sehr aromatisch ist und notfalls sogar als Ersatz für Estragon einspringen kann.

Im antiken Griechenland sah man die Petersilie als heilige Pflanze an. Ogygia, die Insel der schönen Nymphe Calypso sei laut Homers Odyssee reich mit wilder Petersilie und Veilchen geschmückt gewesen. Der Name Petersilie stammt vermutlich von dem altgriechischen Wort petroselinon  Felsenkraut. Wobei man allerdings anmerken muß, daß der Wortteil selinon auch für Sellerie stand. Bei den panhellenischen Spielen am Isthmus von Korinth und in Nemea bekamen die Sieger Petersilienkränze aufs Haupt gedrückt. Lorbeerkränze blieben den Olympischen Spielen vorbehalten. Herkules soll sich vor seinem Kampf mit der Hydra mit einem Kranz aus den Blättern der Petersilie geschmückt haben. Die alten Römer verwendeten die Petersilie als Heil- und Küchenkraut. Man glaubte, daß ein Petersilienkranz auf dem Kopf gegen Trunkenheit helfen. Vermutlich haben die römischen Legionäre die Petersilie nördlich der Alpen verbreitet. Zunächst pflanzte man Petersilie in Klostergärten als Heilpflanze an und entdeckte dann alsbald seine Vorteile als Küchenkraut. Da man die glatte Petersilie leicht mit der giftigen Hundspetersilie verwechseln kann, züchtete man die Sorte mit den krausen Blättern. Allerdings hing der  Petersilie im Mittelalter eher der Ruf eines Unglückskrauts an. Die lange Keimdauer der Petersilie, 3-4 Wochen mindestens,  erklärte man damit, daß die Petersilie siebenmal zum Teufel fahren müsse, ehe sie keimt. Hildegard von Bingen schrieb von der Petersilie: "Die Petersilie ist von kräftiger Natur und hat mehr Wärme als Kälte in sich, und sie wächst vom Wind und von der Feuchtigkeit. Und sie ist für den Menschen besser und nützlicher roh als gekocht zu essen. Und gegessen mildert sie die Fieber, die den Menschen nicht erschüttern, sondern leicht berühren. Jedoch im Geist des Menschen erzeugt sie Ernst.” Zur Zeit der Hexenverfolgung galt Petersilie auch als Hexenkraut. Aus der Petersilienwurzel, damals Geilwurz genant, wurden Liebestränke gemischt.  Petersiliensamen hingegen galten als wirksames Abtreibungsmittel. Das Petersilienkraut wiederum hatte den Ruf die Potenz zu stärken. So wurden die Gassen in denen sich die Bordelle befanden oft Petersiliengasse oder Peterles Gäßchen genannt.


Estragon (Artemisia dranunculus) auch Drabenkraut, Drachantkraut, Dragon, Dragonellikraut, Dragunwermut, Drakonkraut, Escadron, Kaisersalat, Schlangenkraut, Trabenkraut, Trachant genannt und Petersilie (Petroselinum crispum) auch Peterli, Peterling, Petergrün oder Silk genannt

Bei Estragon unterscheidet man zwei Arten: Französischer bzw. Deutscher Estragon (Artemisia dracunculus) und Russischer Estragon (Artemisia dracunculoides). Russischer Estragon enthält deutlich weniger Aromastoffe, ist dafür winterhart und erträgt Temperaturen bis zu minus 10ºC. Der deutsche bz.w französische Estragon ist etwas heikel zu kultivieren, nicht winterhart aber dafür wunderbar würzig.
Estragon sät man im Frühjahr in Töpfe in Aussaaterde aus. Sobald die Pflänzchen groß genug sind, kann man sie in den Kräutergarten setzen. Kauft man vorgezogene Estragonpflänzchen, sollte man den Gärtner unbedingt fragen, ob es sich um Deutschen bzw. Französishcen Estragon handelt. Estragon bevorzugt einen warmen, sonnigen Standort, gedeiht aber auch im Halbschatten. Und die Pflanze braucht sehr viel Platz. Estragon wächst nur gut, wenn er ausreichend Wasser bekommt. Staunässe mag er jedoch nicht. Deutscher bzw. französischer Estragon ist nicht einfach zu ziehen. Er ist nicht winterhart und zudem unfruchtbar; d.h. er kann sich nicht von sich aus vermehren. Man kann ihn nur durch Teilung oder Kopfstecklinge vermehren. Er braucht einen humus- und nährstoffreichen Boden. Die kleine Pflanze muß anfangs unkrautfrei gehalten werden, denn sie wächst recht langsam. Wegen des Aromas lohnt sich die Mühe jedoch.
Wegen seines würzigen Anisaromas ist Estragon in der französischen und italienischen Küche besonders geschätzt. Er ist wichtiger Bestandteil der Sauce Béarnaise und der Sauce Rémoulade und gehört zusammen mit Petersilie, Kerbel und Schnittlauch zu den sogenannten Fines Herbes. Sehr beliebt sind auch Estragonsenf und Estragonessig.

Wegen des kräftigen Aromas sollte man Estragon nur sparsam verwenden, sonst wird er zu dominant und kann alles andere übertönen. Frisch schmecken die schmalen, länglichen Estragonblättchen eindeutig am besten. Man kann ihn aber auch ab Spätsommer schneiden und an einen luftigen Ort trocken. Dann zerreibt man die Blättchen zwischen den Fingern und hebt sie in dunklen, gut verschlossenen Behältern auf.

Blattpetersilie gibt es mit krausen und glatten Blättern (Petrosilenum Var. Latifolium), wobei letztere deutlich aromatischer schmecken. Petersilie kann man schon Ende März direkt ins Beet im Kräutergarten säen. Da es mehrere Wochen dauert, bis die Petersiliesamen keimen, mische ich sie z.B. mit Radieschensamen. Die keimen viel schneller und ich vergesse nicht, wo ich die Petersilie gesät hatte. Petersilie liebt es sonnig bis halbschattig und mag nährstoffreichen, tiefgründigen Boden. Samen und Pflanzen müssen immer gut feucht gehalten werden. Durch Folgesaaten bis in den Sommer sichert man sich immer frische Petersilie. Spät ausgesäte Petersilie bleibt auch im Winter grün, wenn man sie mit Reisig abdeckt. Petersilie lässt sich auch sehr gut in Töpfen auf der Fensterbank oder dem Balkon kultivieren.
Petersilie schießt im zweiten Wachstumsjahr ins Kraut. D.h. es kommen immer mehr Stengel die dicker sind als die anderen und deren Blätter viel feingliedriger sind. An diesen Stengeln wachsen die Blüten. Ab diesem Zeitpunkt sollte man die Petersilie nicht mehr verwenden. In den Blüten und besonders den Samen reichert die Pflanze vermehrt ätherische Öle an, unter anderem das giftige Apiol. Es hilft also nur die Pflanze rausreißen und neu pflanzen bzw. säen. Dies sollte man jedoch nicht an derselben Stelle machen. Petersilie lagert über die Wurzeln einen Stoff im Boden ab den sie selber nicht verträgt.
Am besten schmeckt Petersilie frisch geerntet. Man kann die Blätter aber auch sehr gut einfrieren. Getrocknet schmeckt Petersilie gar nicht.
In der Küche werden die Blätter der Petersilie meist roh oder allenfalls kurz erhitzt verwendet, denn sonst würde sie ihr gutes Aroma verlieren. Petersilie ist Bestandteil des Bouquet Garni, des Kräutersträußchens das mitgekocht wird und beim Taboulé ist Petersilie neben Minze und Couscousgriess die Hauptzutat des libanesischen Salates. In der türkischen und arabischen Küche werden sehr viele Gerichte mit gehackter Blattpetersilie garniert. Und was wäre eine Frankfurter Griee Soß’ ohne Petersilie?
Und hier ein Rezept mit Estragon:
Tellersulz von grünen Spargelspitzen mit Weißwein, Estragon und Piment d'Espelette
500 g grünen oder weißen Spargel
circa ½ l Spargelbrühe
1 Schuß trockener Weißwein
weiße Blattgelatine
einige Zweige Estragon
Piment d’Espelette
Salz und Zucker
Die harten Enden der Spargelstangen abbrechen. Die Spitzen großzügig abschneiden und aufheben. Gelatine in kaltem Wasser einweichen.
Wasser mit Salz und einer Prise Zucker zum Kochen bringen. Zunächst die Spargelenden darin 8-10 Minuten köcheln, je nach Dicke der Spargel. Herausfischen und die Spargelspitzen 3-5 Minuten kochen. Herausnehmen und sofort eiskalt abbrausen. Auf Küchenpapier legen.
Von dem Spargelsud knapp 500 ml abmessen. Durch ein feines Sieb mit dem Weißwein in einen Topf geben und wieder erhitzen. Ausgedrückte Gelatine in dem heißen Sud vollständig auflösen. Sud sehr kräftig  abschmecken.
Spargelspitzen auf tiefe Teller verteilen. Den Spargelsud vorsichtig angießen. Im Kühlschrank etwa anderthalb Stunden kühlen, bis die Sülze fest geworden ist.
Vor dem Sevieren mit Piment d'Espelette und Estragonblättchen bestreuen.

Und  hier noch mehr Rezepte mit Estragon und Petersilie

2 Kommentare:

Aus meinem Kochtopf hat gesagt…

Hallo Margit,
sehr interessant, was Du da geschrieben hast.
Estragon ist ja ein Kraut, das bei uns die Familie entzweit.
Ich mag ihn sehr gern, der besten Ehefrau von allen kann ich das Kraut nur in bestimmten Gerichten unterjubeln.
Und dem letzten Estragon, den ich erst am Wochenende im Einsatz hatte, musste ich kräftig mit getrocknetem nachhelfen.
Das war dann bestimmt ein russischer....

Mit leckerem Gruß, Peter

Margit Kunzke hat gesagt…

@Aus meinem Kochtopf: Gute Morgen Peter, Estragon ist, wie Salbei, ein Kraut an das man/frau sich erst gewöhnen muß. Sparsam angewendet schmeckt beides m.E. wunderbar. Der deutsch-französische Estragon ist eindeutig aromarischer...