Mittwoch, 6. Juni 2012

Mittelmeerküche: Pissaladière - Zwiebelpizza aus Nizza

Die Pissaladière ist eine Art Zwiebelkuchen auf Provenzalisch. Ihren italienischen Einfluß kann die südfranzösische Pissaladière nicht verleugnen. Wie viele klassische Gerichte war auch die Pissaladière einst ein authentisches Arme-Leute-Essen. Der Name stammt von dem etruskischen Wort pissala. Mit Pissala oder Pissalat bezeichnen die Provençalen  fein pürierten Fisch, meist Sardellen oder Sardinen oder Alevín (Fischbrut) in Salzlake eingelegt und mit Gewürzen wie Nelken, Lorbeer, Thymian, Pfeffer und Olivenöl verfeinert. Dieses Gewürz ist allerdings heutzutage sehr schwer in Südfrankreich oder sonstwo zu finden. Wenn überhaupt....
Die gewürzte Fischsalzlake wird dann unter die in Olivenöl marinierten Zwiebeln gemischt und verleiht der Pissaladière ihr besonderes Aroma.

Vermutlich haben römischen Köche während des Avignonesischen Exils im 14. Jahrhundert die Pissaladière nach Frankreich eingeführt. Schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts waren in Italien und Rom die Machtverhältnisse äußerst kompliziert. Papst Clemens V., der ein Franzose war, wurde aufgrund der Machtkämpfe mit den mächtigen Adelsfamilien in Rom, der Boden unter den Füßen zu heiß. Darum verlegte er 1309 seinen Sitz nach Avignon.In der Folge residierten insgesamt sieben von der gesamten Kirche anerkannte Päpste in Avignon. Da damals die Päpste oft Feinschmecker waren und gutes Essen liebten, nahmen sie selbstverständlich ihre Köche mit.

Die Fischsalzlake wiederum ist mit Garum verwandt, dem Ketchup der alten Römer. Noch älter ist der Brotfladen, der als Unterlage für die Pissaladière dient.
Coca de tomate - ein spanischer Teigfladen mit würziger Tomatepaste und Anchovis
 Schon die Ägypter buken Brotfladen. Sie erlernten diese Kunst wahrscheinlich um 3.000 v. Chr. von den Bewohnern Mesopotamiens, dem Zweistromland  zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris. Die Ägypter erfanden neue Methoden, konstruierten Backöfen und waren auch die ersten, die den Hefepilz züchteten und bei der Brotzubereitung einsetzten. Bis dahin hatte man für den Brotteig nur Mehl und Wasser vermischt und buk flache Fladenbrote. Der Sage nach ließ ein ägyptischer Bäcker übriggebliebenen Brotteig zufällig über Nacht stehen und er wurde sauer. Der Teig, nicht der Bäcker. Das aus diesem  Brotteig gebackene Brot entwickelte beim Backen nicht nur bessere Backeigenschaften, sondern auch einen anderen Geschmack.
Da der Boden entlang des Nils äußerst fruchtbar war - vor allem der Weizen wuchs hier besonders gut - aßen die Ägypter gern und viel von diesem feinen, neuen Brot. Das trug ihnen in der Antike den Spitznamen Brotfresser ein. Von Ägypten kam der Brotfladen in das antike Griechenland. Die Griechen ernannten sogleich die Göttin Demeter zur Schutzherrin des Brots und Getreides. Neue Methoden erfanden die Griechen zwar nicht, aber viele Rezepte für neue Brotarten. Die Bäcker aus Athen und Theben waren berühmt für ihre Backkünste.
Von den Griechen kam die Kunst des Brotbackens zu den Römern, die der Einfachheit halber auch gleich die griechischen Bäcker anstellten. Die Römer entwickelten die Technik der Mühlen weiter, indem sie diese durch die Kraft von Nutztieren antrieben. Das ergab ein besonders feines Mehl. Die Römer bauten auch Backöfen aus Stein, die sogenannten römischen Backöfen. Nun wurde das Brot nicht mehr auf der äußeren Ofenoberfläche gebacken, sondern im Ofen. Man heizte die Ofenkammer auf über 300 Grad Celsius vor, nahm dann die Glut heraus und legte dafür die Teigportionen hinein. In diesen geschlossenen Backöfen wurde der Brotteig von allen Seiten gleichmäßig erhitzt. Schon die Römer stellten Brot als Massenware her.
Kein Sklave, sondern ein Bäcker vor einem alten Brotbackofen
In römischen Großbäckereien mussten Sklaven riesige Mengen von Teig mischen und durchkneten. Es gab sogar von Eseln oder Ochsen angetriebene Knetmaschinen. Es gab dutzende von Brotsorten, die verschiedenen Güteklassen angehörten.
Das panis siligneus war aus fein gemahlenem Mehl und gehörte wie das panis secundarius noch zur besseren Qualität. Das Volksbrot panis plebeius war für die Plebejer bestimmt. Für die römischen Soladten gab es sehr haltbares Hartbrot, das panis nauticus und das panis castrensis.
Die Römer brachten auch das Brot ins nördliche Germanien. Die Germanen konnten damals zwar schon Bier brauen, aber noch kein Brot backen. Die reichen Germanen aßen wie die römischen Patrizier mit Vorliebe helles Weizenbrot, während sich das gemeine Volk und die Sklaven von einem dunklen Vollkornbrot aus Roggen ernähren mußte.
Im Mittelalter war Brot bereits eines der Hauptnahrungsmittel. Damals entstand in Deutschland auch der Bäcker als Handwerksberuf.
Fladenbrot wird nach wie vor in der Mittelmeerregion gebacken und gegessen. Die originellste Weiterentwicklung des Fladenbrotes ist sicher die italienische Pizza. So wird  die Pissaladière gelegentlich auch als Pizzaderivat bezeichnet.

Pissaladière - Zwiebelpizza aus Nizza
Für den Teigboden (ausreichend für eine 26 cm große Springform):
180 g Mehl
Olivenöl nativ extra
Hefe
Salz
Wasser
Für den Belag:
600 g Zwiebeln
1 Knoblauchzehe oder zwei oder drei..
fruchtiges Olivenöl
Salz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle
frischer Majoran und Bohnenkraut
schwarze Nizza Oliven
10 Anchovisfilets in Olivenöl eingelegt

Mehl in eine Schüssel sieben. Hefe zerkrümeln und mit 150 ml lauwarmem Wasser verrühren. Hefe mit Olivenöl und Salz zum Mehl geben. Alles kräftig zu einem glatten Teig verkneten. Schüssel zudecken und den Teig an einem warmen Ort circa 1 Stunde gehen lassen, bis er sich verdoppelt hat.

Während der Teig geht, den Belag zubereiten. Zwiebeln und Knoblauchzehen  häuten und in feine Streifen schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Zwiebeln und Knoblauch im heißen Öl bei schwacher Hitze glasig dünsten. Die Zwiebeln dürfen nicht braun werden. Wenn sie weich, sind, nach circa 20 Minuten, vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen.

Kräuterblättchen abzupfen. Zusammen mit Salz und Pfeffer unter die Zwiebeln mischen. Backofen auf 220ºC vorheizen.

Den Teig noch einmal kräftig durchkneten und mit bemehlten Händen in eine gefettete Springform verteilen. Die Ränder etwas hochdrücken. Zwiebeln auf dem Teigboden streichen. Oliven und halbierte Anchovisfilets darauf verteilen. Mit etwas Olivenöl beträufeln und im vorgeheizten Backofen bei 220ºC circa 25-30 Minuten backen.
Die Pissaladière schmeckt heiß und lauwarm, am besten mit einem frischen Salat.

Keine Kommentare: