Gastro-Kritisches

Nachhaltig und saisonal kochen mit Erdbeeren im Winter?In diesem Jahr fiel und fällt es mir besonders (unangenehm) auf: Viele deutsche Foddblogger, die von sich behaupten nachhaltig und saisonal zu kochen, bringen jetzt im Spätwinter Rezepte mit frischen Erdbeeren oder Kirschen, Rhabarber oder Auberginen, Weintrauben oder Radieschen, frischen Feigen oder Tomaten mit Basilikum, etc., etc.
Natürlich haben wir alle Sehnsucht nach frischem Frühjahrsgemüse oder Obst. Auch wir hier in Spanien.
DOCH: Die Saison für einheimischen Rhabarber fängt etwa Mitte April an, einheimische Radieschen gibt es ab Mitte Mai, die Spargelsaison dauert von April bis Juni, einheimische Erdbeeren sind kaum vor Mai zu haben, Auberginen sind ein ausgesprochenes Sommergemüse, Weintrauben gibt es nicht vor September und die Saison für frische Feigen beginnt weder in Spanien noch in Italien im Februar. Daß Treibhaustomaten und Treibhausbasilikum nach nichts schmecken, brauche ich gar nicht zu erwähnen. 
Warum werden also um diese Jahreszeit Gemüse, Obst und Kräuter verwendet, die noch lange keine Saison haben? Wer dann noch behauptet, er koche nachhaltig und saisonal, wirkt irgendwie unglaubwürdig. Ich will gar nicht wissen, wo dieses unzeitgemäße Obst und Gemüse herkommen oder wie sie kultiviert wurden. Und nachhaltig und saisonal ist das schon gar nicht. Wird hier Wasser gepredigt und Wein getrunken?

Warum kann man um diese Jahreszeit nicht einheimische Äpfel verwenden oder europäische Zitrusfrüchte? Warum nicht mit Lauch, Champignons, Karotten, Pastinaken, Rote Bete, Rotkohl, jungem Spinat, Topinambur oder Wirsing (u.a.) leckere Gerichte kochen? DAS sind die Gemüse und DAS Obstsorten, die jetzt Saison haben.



Die Mär vom glücklichen Iberischen Schwein

Kaum ein anderes Fleisch hat in den vergangenen Jahren einen solchen Siegeszug durch deutsche und internationale Küchen erlebt wie das Iberische Schwein. Wie üblich wenn etwas in Mode kommt, sei es auch nur die gastronomische, wird schnell daraus ein zweifelhaftes Geschäft gemacht. Mangels Information kauft der Konsument dann ein Fleisch, das nicht das ist, was es zu sein scheint. Don Francisco Espárrago, Geschäftsführer der Señorío de Montanera erklärt, daß es eine zweifelhaft Information futre den Konsumenten sei, ein Qualitätsprodukt daran zu erkennen, da es als ersten Namen “Ibérico” führe, und das nicht bedeutet, daß dieses Produkt tatsächlich vom echten Iberischen Schwein stamme. Deshalb müsse das echte Iberische Schwein die Namen “Ibérico Puro de Bellota” lauten.
Die enorme Nachfrage nach Iberischem Schweinefleisch hat sogar dazu geführt, daß nach der Qualitätsnorm R.D. 1469/2007 bis zu 50% vom Duroc Schwein eingekreuzt sein dürfen, allerdings nur vom väterlichen Teil her. D.h. die Mehrheit des als iberisches Schwein kommerzialisierten Fleisches aus Spanien ist in Wirklichkeit eine Kreuzung von 50% iberischen Schweinen von der Mutterseite her, gekreuzt mit 50% väterlichem Anteil des Duroc Schweines. Doch wer weiß das schon?  Diese Massenware wetteifert mit dem echten Qualitätsprodukt, mittels unlauterem Wettbewerb und erfüllt dank schlechterer Qualität nicht die Erwartung der Kunden. Sowohl die Hersteller als auch die ausländische Billigmärkte verdienen mit diesen Schweinereien Millionen.
Secreto vom Iberischen Schwein
Es gibt noch eine Reihe anderer Irrtümer hinsichtlich des Cerdo Ibérico.
Irrtum Nr.1: Das Iberische Schweine ist eine einzige Rasse
Eine Rasse namens Cerdo Ibérico existiert als solche nicht. Unter dem Sammelbegriff Cerdo Ibérico versteht man sechs verschiedene iberische Schweinerassen, darunter zwei "schwarze" (Lampiño und Entrepelado) sowie vier "farbige" (Rubia campiñesa,  Manchada, Retinta und Torbiscal). Die schwarzen Schwein sind kleiner und wachsen schneller. Man findet sie vor allem in der Extremadura  (Cáceres und Badajoz) und in Andalusien (Córdoba).
Die farbigen Schweine sind größer und wachsen etwas langsamer. Sie werden in den Provinzen Salamanca, Toledo, Cáceres, Badajoz, Ciudad Real, Sevilla  und Córdoba gezüchtet.
Irrtum Nr. 2: Alle Iberischen Schweine sind glückliche Schweine, die den ganzen Tag im Freien zwischen Steineichen auf der Wiese (Dehesa) herumlaufen.
Von den rund 1,5 Millionen Iberischen Schweinen, die alljährlich gezüchtet werden, sind nur 300.000 bis maximal 400.000 glückliche Schweine. Die Zahl der Schweine, die alljährlich an der Eichelmast teilnehmen darf, ist streng geregelt und hängt vom jeweiligen Ertrag der Eicheln, Steineicheln etc. ab. Ist es ein schlechtes Steineicheljahr, gibt es nur wenige Schweine, die mit Eichelmast gemästet werden dürfen. In guten Jahren sind es mehr.
Die derzeitige schwere Krise in Spanien hat zusätzlich dazu geführt, daß immer weniger Züchter immer weniger echte Iberische Schweine züchten.
Hingegen  werden circa 1,1 Millionen Schweine in intensiver Massentierhaltung gehalten und nur mit Kraftfutter ernährt. Also nichts mit Eicheln fressen und wildem Leben auf dem Land. Vor allem in den Regionen Castilla y León und Murcia gibt es riesige Schweinefarmen, wo die Tiere auf engstem Raum gemästet werden. Eine Wiese oder eine Eichel haben diese armen Schweine in ihrem Leben nie gesehen, auch wenn sie Iberische Schweine genannt werden.
Die geplante neue Qualitätsnorm von 2012 des Ministerio de Agricultura, Alimentación y Medio Ambiente (Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt) wird nur noch mehr Verwirrung stiften. Sie wird nicht nur von den Züchtern der echten Iberischen Schweine heftig kritisiert. Die neue Norm erlaubt eine neue dritte Kategorie, genannt “Cerdo Ibérico de cebo intensivo”, mit einem Rassenanteil an einer der o.g. Rassen von weniger als 50%, gekreuzt mit dem normalen Hausschwein und gibt den armen Schweinen nur einen Raum von zwei Quadratmetern während der Mast. Francisco Espárrago, Geschäftsführer der Señorío de Montanera erklärt, daß es eine zweifelhafte Information für den Konsumenten sei, ein Qualitätsprodukt daran zu erkennen, daß es als ersten Namen die Bezeichnung “Ibérico” führe, was nicht bedeute, daß dieses Produkt tatsächlich vom echten Iberischen Schwein stamme, noch daß es ein Schwein sei, daß nur Eicheln gefressen habe. Deshalb müsse das echte Iberische Schwein die Namen “Ibérico Puro de Bellota” lauten.
Schwarzes Iberisches Schwein
 Drei Kategorien gibt es bei den Iberischen Schweinen, die die Qualität des Fleisches bestimmen:
1.Bellota o Montanera: Das sind die halbwilden iberischen Schweine, die ihr ganzes Leben in Freien in der sogenannten Dehesa verbringen. Durch die Bewegung verteilt sich das Fett in den Muskelfasern und ist im Fleisch kaum sichtbar. Das ist die beste Qualität, die aber auch ihren Preis hat. Mit Kilopreisen von 35-50 Euro muß man da durchaus rechnen. Das ist das einzige Cerdo Ibérico, das so aufwächst, wie es sich der Konsument vorstellt.
2. Recebo: Diese Schweine leben nur eine zeitlang frei in den Dehesas, werden dann jedoch die letzten Wochen mit Futter in Ställen gemästet, um das Schlachtgewicht schneller zu erreichen. Da ihnen in diesen Lebenswochen die Bewegung fehlt, ist ihr Fleisch z.T. von weichen Fettstreifen duchzogen, sozusagen deutlich marmoriert. Die Qualität des Fleisches ist weniger gut. Dieses Fleisch wird meist im Ausland als Cerdo Ibérico angeboten.
3. Pienso: Das sind die iberischen Schweine, die ihr ganzes Leben lang in Massentierhaltung im Stall verbringen und gemästet werden. Die Qualität dieses Schweinefleisches unterscheidet sich in nichts von der der normalen Mastschweine, auch wenn es Cerdo Ibérico genannt wird. Der Kilopreis liegt (in Spanien) zwischen 5 und 15 Euro.






Bald bekomme ich einen AN-Fall oder "9611 Rezepte zu "an sauce"

Terrine von Wiesenpilzen an Sauce Cumberland
Lachs auf Toast mit Ackersalat an Zitronen-Dressing
Ackersalat an Zitronen-Dressing
Rehmedaillon an Blaukraut mit Kartoffelbällchen
Wiener Schnitzel mit Rosenkohl an Sauce Hollandaise
Hummerklößchen  an Sauce mit Chablis-Wein
Spiegelei an Bratkartoffeln
Rindergulasch an Spätzle

In Deutschland greift  in der Gastro-Sprache die AN-omanie um sich. Wer sich in der Schweizer Gastronomie und Sprache auskennt, weiß daß die Schweizer keine Gerichte MIT Sauce, sondern AN Sauce servieren. Gut und schön: In der Schweiz ist das “an” für Saucen reserviert.  Der An-Fall hat sich nun aber derart in der deutschen Gastronomie breit gemacht, daß ich bald einen Anfall bekomme.
 Ob KochbloggerInnen, Sterneköche oder Gastwirte, alle servieren ihre Gerichte nur noch “an “, egal ob an Sauce, an Dressing, an Gemüse. Warum eigentlich? Glauben sie dadurch ihre Gerichte aufwerten oder nach den Sternen zu greifen zu können?
 Die An-omanie auf die Spitze getrieben ist die Überschrift auf  - oder muß ich jetzt an die Spitze schreiben – einer Kochbuchseite im Internet: 9611 Rezepte zu an sauce
 An ist wie geschrieben in der Schweiz  für an Sauce reserviert. Doch wenn ich das in Speisekarten lesen muß “Lachsschnitte an einem Gemüsebett”,  finde ich das einfach nur albern.  Wenn schon Bett, dann doch bitte auf. Ich zumindest liege jedenfalls niemals an meinem Bett, sondern schön ordentlich auf meinem Bett..

Und was tue ich nun, wenn ich ein Haar in der Suppe finde? Sage ich dem Küchenschef dann, ich hätte ein Haar an der Suppe gefunden????






Die Behandlung und Mißhandlung von Fisch 
Ich habe Fisch gegessen, der mehr oder weniger gut zubereitet war. Ich aß auch Fische, die – meiner Meinung nach – mehr ihrem eigenen Geschmack hätten überlassen werden können, als dem allzu großen Enthusiasmus ihrer Köche.

Das ist besonders in Deutschland der Fall, wo an sich köstliches Meeresgetier den gnadenlosen Angriffen von Kräutern und Saucen ausgesetzt ist. Oder der natürliche Geschmack wird so überdeckt von aufwendigen Garnierungen und der Zugabe von Gewürzen, Speckeis, Chorizoschaum etc., etc., etc., daß der ursprüngliche Geschmack buchstäblich erstickt wird.
Ganz schlimm ist die neumodische Sitte, Fisch halb roh zu servieren. Glasig nennen man das. Eklig finde ich es. Noch vor kurzem hätte man solch einen Fisch zurückgehen lassen. Jetzt ist es Mode und jeder der in sein will, bemüht sich, diesen halb garen Fisch ohne mit der Wimper zu zucken oder ohne zu würgen hinunter zu schlucken.
Ein Sternekoch erklärte mir einmal, wie es zu dieser „Unsitte“ gekommen sein könnte. Fisch so zuzubereiten, daß er auf den Punkt gegart saftig bleibt, ist ungeheuer schwierig. Eine Minute kann da schon zu viel sein. Deshalb hätten findige Köche erfolgreich propagiert, daß Fisch glasig, also halb roh sein und serviert werden  müsse. Barbarisch nannte das dieser Koch.
Glasig serviert sei ein Fehler, erklärte mein Mentor weiter. Ein Koch brate bzw. gare man den Fisch zwar so, daß er gerade noch glasig sei. Da der Fisch jedoch bis zum Servieren noch nach zieht, ist er auf dem Teller perfekt. Durch und saftig, aber nicht mehr glasig. Niemals dürfe Fisch glasig serviert werden.




Lieben Sie E471, E1422, E412, Verdickungsmittel und Emulgatoren?

Dann sollten Sie die freundliche Frage der Air Berlin Stewardess „Käse- oder Wurstsandwich?“ im Flieger von Alicante nach Düsseldorf mit einem mutigen JA beantworten.

Ich empfehle Ihnen allerdings, nehmen Sie weder noch und halten Sie die beiden Flugstunden ohne Essen durch. Ihre Geschmacksnerven werden es Ihnen danken.

Außer einem Brötchen, das nicht nur wie eingeweichte Wellpappe aussieht, sondern auch so schmeckt, bekommen sie auch noch jede Menge Chemie: Emulgator E 471, Gerstenmalzextrakt, E 1422, Branntweinessig, Verdickungsmittel E 412, Soja, Traubenzucker, und, und, und.....



Ich frage mich, warum muß ich auf einem zweistündigen Flug überhaupt etwas essen? Zuhause würde ich das um diese Uhrzeit ja auch nicht tun. Angesichts der Chemiebombe und der Geschmacksbeleidigung, die diese Brötchen m.E. darstellen, ist es wahrlich kein Service, solch ungenießbare Brötchen überhaupt zu servieren.




 
Die manirierten Olivenölgourmets!
Egal ob spanisches,. griechisches oder italienisches, Olivenöl nativ extra ist seit einiger Zeit schwer in  Mode gekommen. Die Qualität  wird immer besser, der Preis steigt immer höher, die Olivenöl-Gourmets werden immer mehr......................
Doch wie ich fast befürchtet hatte, mit der Mode des Olivenöls kamen auch das manirierte Gehabe und die Kunstsprache in Mode,  die die Önologen benutzen, um die Eigenarten eines Weins zu beschreiben und   machen sich jetzt auch bei den Olivenölverkostern breit.
Wir als normale Weingenießer können nur sagen, ob der Wein gut ist oder nicht, ob er uns schmeckt oder nicht, ob er Körper hat oder nicht, ob er fruchtig, herb oder eher süß ist oder nicht....
Doch in dem Moment, in dem man Mitglied einer Weinverkostergesellschaft wird, beginnt man – ob man will oder nicht -  automatisch dummes Zeug zu sagen wie „ der Wein hat einen fruchtigen Geschmack mit einem leichten retronasalen Touch, der an frische Mandeln und wilde Zitronen aus der Karibik erinnert“...und ähnliche Seltsamkeiten.
Diese Phrasen, bisher exklusiv den Weinen vorbehalten, sind nun leider auch bei den Olivenölen angelangt. Welche Vorstellungskraft muß ein Olivenölverkoster aufbringen, um sagen zu können „ Das Öl hat ein intensives, profundes und vegetales Aroma, einen süßen und fruchtigen Geschmack, mit floralen Remineszenzen an grüne Nüsse im Abgang“. Oder was ich neulich über ein Olivenöl von Priego de Córdoba las „ ...ein leichter Anklang an Zitrusfrüchte, der sich im Mund potenziert und zu dem diverse Noten exotischer Früchte wie Maracuya oder Mango dazu kommen“.
Meine Damen und Herren, wir reden von Olivenöl!!!
Ich kann mir so viel Mühe geben wie ich will: Ich schmecke den leichten  Zwischenton von Papaya nicht oder den Anklang an Banane und grüne Tomaten und Paprikaschoten!
Böse Zunge behaupten sogar, daß der Tod des Seniorchefs der bekannten Ölmühle Nuñez de Prado in Baena darauf zurückzuführen sei, daß ein Olivenölverkostern gesagt habe, sein Olivenöl schmecke nach Pimientos de Padrón. Daß sein herrliches Picual-Olivenöl aus Baena in Andalusien nach den Pimientos de Padrón schmecken soll, den kleinen grünen Paprikaschoten aus Galicien, kann einen sensiblen Olivenbauern schon zu Tode ärgern.
Nachdem das spanische Königspaar in Málaga das Picassomuseum besucht hatte, fuhren Königs nach Antequera, um dort eine berühmte Olivenölmühle zu besichtigen.
Es wäre doch unvorstellbar gewesen, daß König Juan, sein Weißbrot ins gute Hojiblanca-Olivenöl tauchend zu seiner Königin gesagt hätte: “ Sofi’, riech' mal dieses leichte Röstaroma mit dem salzigen Touch und merkst du, daß es zwar keinen nachhaltigen Geschmack hat, aber süß ist, leicht nach Sellerie schmeckt und elegant ist...“
Zu Glück ist der spanische König weder der große Olivenöl-Gourmet noch maniriert Außerdem nimmt er kein Blatt vor den Mund. Er hätte wohl das gesagt, was wir alle sagen, wenn wir ein köstliches Olivenöl probieren „ Das Olivenöl schmeckt verdammt gut.“






Chorizo – eine falsch verstandene Modesache

„In allen respektablen Haushalten Spaniens macht man so viele Chorizos wie das Jahr Tage zählt: 365 für den Hausgebrauch und weitere 50 für Tage, an denen Gäste kommen.“ Schrieb der französische Schriftsteller Alexandre Dumas, als er 1946 Spanien bereiste. Heute produzieren mehr als 1.000 kleine und größere Betriebe alljährlich etwa 65.000 Tonnen Chorizo.

Doch wie die Gourmet Magazin Effilee vor einiger Zeit so schön zutreffend schrieb:
„Derzeit läuft die Chorizo allerdings Gefahr, zum überstrapazierten Modeprodukt zu werden. Ob die dauerhafte Verankerung in der kulinarischen Kultur außerhalb der spanischsprachigen Welt schon gelungen ist, steht jedenfalls noch in Frage...“ .
In der Tat: Es ist nicht zu übersehen, daß die Chorizo in Deutschland gerade Mode ist (wie einstmals auch Tiramisu, Bärlauch, Sushi, Skrei, etc.). Inzwischen glaubt jeder zweite deutsche Küchenchef, seine kulinarischen Kreationen mit Chorizo schmücken zu müssen. Wohl deshalb findet man derart kuriose Kombinationen mit Chorizo, die einem spanischen Koch die Tränen in die Augen treiben würden: Tomatenschaumsuppe mit Chorizo-Eis oder Meerwolf in Chorizo-Emulsion oder gar Wachtelbrüstchen auf Chorizo-Schaum.
Chorizo passt ausgezeichnet zu kräftigen Eintöpfen und deftigen Gerichten und eignet sich weniger dazu, Gourmetgerichten einen rustiaklen Touch zu verleihen, denn Chorizo hat einen sehr intensiven Geschmack und „färbt“ stark.
Es sei denn, die Wurst, die als Chorizo auf den deutschen Markt kommt, ist derart entkoffeïniert, daß sie geschmacksneutral ist und nicht mehr nach Chorizo schmeckt. Wundern würde es mich nicht, denn das was teilweise als Chorizo in Deutschland verkauft wird, ist alles andere, bloß keine echte Chorizo.
Für eine Chorizo – in Spanien gibt es mehr als 30 verschiedene Sorten – wird das Schweinefleisch immer samt aller Zutaten durch den Fleischwolf gedreht. In echter Chorizo sind keine Fleischstücke. Die finden sich z.B. in einer anderen spanischen Wurst names Morcón. Die Hackfleischmasse für Chorizo wird gewürzt und mariniert dann 1-2 Tage im Kühlschrank, ehe sie in Naturdarm abgefüllt wird . Manchmal gibt man noch einen Schuß Weißwein dazu, um die natürliche Fermentierung anzuregen. Genau dieser Prozeß gibt der Chorizo ihren typischen, leicht säuerlichen Geschmack.. Dann wird die Chorizo 1-3 Monate luftgetrocknet. In feuchteren nordspanischen Gefilden wird Chorizo auch vor dem Trocknen manchmal leicht angeräuchert.
Frische Chorizo ißt man in Spanien gebraten oder gegrillt. Reife, gut luftgetrocknete Chorizo wird eher scheibchenweise als Tapa serviert oder in Weißwein geschmort.




Der (Werbe)Mythos vom Skrei

Wie jedes Jahr um diese Zeit finden wir in den Fischläden und vor allem in den Restaurants den Skrei.  Etwa 30.000 Tonnen Skrei fängt die norwegische Fischflotte in der Saison.. In Zeitungen oder Zeitschriften in den gastronomischen Blogs des Internet, findet man lauter Berichte, die sich sehr ähnlich sind, voll mit Lobreden für diesen Fisch, von dem gesagt wird, er sei der beste Kabeljau der Welt. Doch wer sagt das? Natürlich die Norweger. Und wir in unserer Naivität glauben das. Noch schlimmer, wir schreiben es  auch. Da gibt es  Sätze und Formulierungen, die sich ständig wiederholen und zu regelrechten Slogans werden  „Das Wunder, das aus der Kälte kommt“, oder „Der beste Kabeljau der Welt“ oder „Ein ganz besonderer Kabeljau“ .


Schon immer waren die Norweger ausgezeichnete Kaufleute.  Leute, die in der Lage waren  alles  zu verkaufen, vor allem auch ihre Überschüsse  an Fisch. Über Jahre hinweg  hat das norwegische Amt für Meeresprodukte hervorragende Werbekampagnen durchgeführt, um die norwegischen Produkte in die Weltmärkte einzuführen. Das ist vollkommen legal.  Aber das der Skrei die Speisekarten der  Restaurants und die Auslagen der Fischgeschäfte füllt und die Verbraucher glauben macht, es handele sich um ein „exklusives Produkt“, das ist das besorgniserregende.
Ganz besonders die spanischen Fischer leiden unter der Kampagne der Norweger. Die Fischer aus Spaniens Norden, besonders die baskischen, sind schon immer auf den Kabeljaufang gefahren. Wie jedoch Reeder und Fischer aus Kantabrien ezählen, seit einigen Jahren erschwert Norwegen mit allen Mitteln den Kabeljaufang. Man versucht sogar in den öffentlichen Medien, die spanischen Fischer schlecht zu machen und klagt sie an, daß ihre Fischkutter die europäischen Normen nicht erfüllten. Doch was tatsächlich passiert, wie die spanischen Fischer berichten, ist daß Norwegen die erlaubte Fangquote bei weitem überschreitet und außerdem auf dem Meer keine Konkurrenten will.
Genau das ist auch de Grund, warum dieses skandinavische Land nie in die EU eintreten wollte. Denn dann unterläge es einer gesamteuropäische Fischereipolitik und die Norweger wollen nicht, daß Brüssel sich in ihre Fischereiwirtschaft einmischt.
Doch Norwegen kann dank des europäischen Wirtschaftsraumes an dem EU-Markt teilnehmen, als ob das Land Mitglied wäre.
Im Prinzip geht es nur darum, daß die Norweger uns die Überschüsse ihrer Fischfänge verkaufen wollen. Und die sind groß.

Und versuchen sie so wird Jahr für Jahr mit ungeheurem Medienaufwand, uns zu überzeugen, daß der Skrei eine Delikatesse  ist. Das machen sie sehr gut. Ihr bestes Jahr war 1987, als sie Paul Bocuse „überzeugten“ und es schafften, daß der Skrei der offizielle Fisch  in Bocuse  d'Or wurde. Das erlaubte den Norwegern zu behaupten, der Skrei sei „ein Fisch der Haute Cuisine“. Laut der norwegischen Propaganda benutzt Bocuse die  „exklusivsten Produkte der Welt“.
In Wirklichkeit verwenden bei dieser Farce des weltweiten Wettbewerbs die Spitzenköchen nur die Produkte, für die sie  für den jeweiligen Wettbewerb am besten bezahlt werden. Doch mit Bocuse konnten viele überzeugt werden und  seither sponsert das norwegische Fischereiministerium Bocuse und dieser stellt Norwegens Fische vor die der anderen Bewerber.

Diese Werbekampagne, sehr zeitaufwendig und teuer, hat ihre Früchte getragen. Viele deutsche Köche verwenden den norwegischen Skrei und werben für ihn in gastronomischen Veranstaltungen und Menus.  Es wird nicht viele Köche geben, die nicht schon einmal auf Einladung des Norwegischen Fischereiministeriums auf den Lofoten waren.

Vielleicht wissen sie es nicht, denn das sagen die Norweger in ihrer Werbung nicht: Der Skrei ist keineswegs ein eigener Kabeljaustamm, wie es uns die Norweger weismachen wollen. Der Skrei (Gadus Morhua) ist derselbe Kabeljau, der auch im Atlantik herumschwimmt. Der Kabeljau, den man schon immer gegessen  hat. Nur daß er in der Zeit der Laichung gefangen wird.
Aber er wird uns verkauft, als laiche der Skrei ausschließlich bei den Lofoten. Das tut er aber nicht. Er laicht auch in Grönland, in Gran Sol (Irische Atlantikküste),  in Neufundland und in Island.
Wissen das die Köche nicht? Und warum wiederholen die Journalisten und Gourmets alljährlich die selben Texte mit den selben Schlagwörtern?
Daß die norwegischen Händler das tun ist klar. Doch in den institutionalisierten Kampagnen, die stark von der norwegischen Regierung subventioniert werden (etwas was die EU nicht machen darf, wenn sie ihre Produkte im Ausland bewerben will) wird nicht erwähnt, daß der Skrei auch in anderen Regionen laicht.

Die Norweger waren findig. Sie haben ihren Skrei in guten Restaurants eingeführt und verkaufen ihn als "Gourmet Fisch“. Sie sprechen von der Textur seines  Fleisches, seiner Zartheit und seinem Geschmack. Mal ehrlich! Hat der Skrei überhaupt Geschmack?
Sie geben ihrem Skrei das Image eines exklusiven Produktes.
Diese  Werbekampagne erinnert mich sehr an die Kampagne der Franzosen, als sie aller Welt ihren gewöhnliche Wein namens Beaujolais verkaufen wollten. Man erinnert sich an „Le Beaujolais nouveau est arrivé!“
Und nun ereignet sich dasselbe mit dem Skrei. Dabei gibt es genug anderen Fisch und Winter-Kabeljau um diese Zeit, der ebenso gut ist wie der Skrei angeblich sein soll.
Mir ist klar, daß es Köche gibt, die seine besonderen Vorzüge verteidigen, denn sie sind davon überzeugt. Und mir ist auch klar, daß viele Leute diesem Beitrag widersprechen werden. Doch  mit mir braucht niemand zu rechnen, wenn es  darum geht, den Skrei als besondere Delikatesse anzusehen und zu essen.