Montag, 26. Mai 2014

Kaninchenragout mit Datteln und Couscous sowie ein paar kritischen Bemerkungen zur Mittelmeerküche

Daß es bei mir öfter Rezepte unter der Bezeichnung Mittelmeerküche gibt, ist ja normal. Schließlich lebe ich am Mittelmeer. Doch gelegentlich fragt man sich, was ist das eigentlich die Mittelmeerküche? Der Begriff als solcher ist ein Oberbegriff für verschiedene Landesküchen der Mittelmeerregion. Im Jahr 2010 nahm die UNESCO auf Antrag Spaniens, Griechenlands, Marokkos und Italiens die Mittelmeerküche in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit auf. Zwei Jahre später (2013) kam noch die Küche Portugals, Kroatiens und Zyperns dazu.

Zwar weist die Küche der Mittlemeerländer einige gemeinsame Elemente auf, wie die Verwendung von Olivenöl, Knoblauch, frischem Gemüse wie Tomaten, Zucchini, Auberginen, Paprika, frische Kräuter wie Thymian, Rosmarin, Myrte, Salbei, Fenchel, Anis, Koriander, Basilikum, Gewürze wie Safran, Zimt, Piment, Paprika, helles Brot, Nudeln und Reis, Fisch und Meeresfrüchte, doch die Unterschiede in den Regionen sind z.T. erheblich. Der Ausdruck Mittelmeerküche ist demnach nichts anderes als ein Schlagwort. Auch wird der Begriff mediterrane Küche oft mißverstanden.  Olivenöl und Rosmarin als Zutat machen ein normales Essen noch lange nicht zu einem mediterranen Gericht. Dazu gehört viel mehr.
Gemeinsam ist fast allen Mittelmeerregionen, daß im Ganzen gekocht wird. D.h. in den Kochtopf kommt ein ganzes Huhn, ein ganzer Fisch, ein ganzes Kaninchen, eine ganze Lammkeule, etc. Würde man bei einm spanischen Metzger nach Lammmlachsen, Kaninchenfilet, bei einm Fischhändler nach Doradenfilet fragen, stieße man nur auf ungläubiges Staunen. Selbstverständlich schneiden mir Fischhändler und Metzger alles so zu, wie ich es möchte. Nur kaufen muß ich das ganze Tier. In den Metzgereien der Mittelmeerländer liegt das ganze Tier oder zumindest ganze Teile davon in der Auslage. Man kauft es komplett oder die Hälfte, inklusive Innereien, Kopf und Füßen. Schaut man hingegen in einer deutschen Metzgerei in die Auslage, so sieht man nur fertig gerichtete, formlose Fleischteile oder Fischfilets im Fischladen, die nicht daran erinnern, daß es sich um ein Tier handelt. Es gibt keinen Bezug mehr zum Tier mehr. Fleisch und Fische sind genauso Lebensmittelprodukte geworden  wie  Äpfel oder Fertigsuppen. Über diese in deutschen Gefilden übliche Verwendung von sogenannten edlen Teilen (nur das Filet oder allenfalls nur die Keulen), kann ein Mittelmeeranwohner nur den Kopf schütteln.
Lassen wir den historischen Hintergrund, warum in den Mittelmeerländern alles genutzt wurde und noch wird, einmal weg. Schon dem Geschmack ist es förderlich, wenn man ein Tier, egal ob Fisch oder Fleisch, samt Knochen bzw. Gräten zubereitet. Die Knochen bzw. Gräten sind schließlich nicht nur dazu da, dem jeweiligen Tier Stabilität zu geben, sondern auch um dem Essen Saft und Wohlgeschmack zu verleihen. Ein ausgelöstes Kaninchenfilet, selbst von einem Meisterkoch zubereitet,  wird niemals den typischen Kaninchengeschmack erhalten, den man erzielt, wenn man das Tier mit Knochen zubereitet. Warum wohl werden Fonds aus Knochen, Karkassen bzw. Fischköpfen und Gräten zubereitet? Eben weil sich darin der kräftige, typische Geschmack befindet. Dazu kommt noch, daß durch diese deutsche Unsitte z.B. Teile vom Huhn nicht zu mögen, den afrikanischen Kleinbauern die Existenz zerstört wird. Hähnchenflügel, Füße und Innereien werden von Deutschland nach Afrika exportiert und dort spottbillig und trotzdem mit großem Gewinn verkauft. Mit diesen Dumpingpreisen können die einheimischen Geflügelproduzenten nicht mithalten.
Wer also ein Gericht zubereitet, das er mediterran nennt, sollte das im Kopf behalten. Bei diesem Kaninchenragout konnte ich mich gastronomisch wieder einmal so richtig austoben. Als Gewürz verwendete ich Myrteblätter wie in Sardinien, die Datteln waren die marokkanische Komponente. Der spanische Rotwein tat nicht nur der Sauce gut, sondern auch der Kóchin. Klassisch französisch war die Saucenbindung mit der angebratenen und dann im Mörser zerstampften Kaninchenleber. Für alle, die jetzt vielleicht die Zähne hochziehen: Man schmeckt es nicht. Der beste aller Testesser, der keine Leber mag und folglich auch nicht ißt, war begeistert von der Sauce. Ich habe ihm nicht verraten, daß da Leber drin ist. Erstmals ausprobiert habe ich getrockneten Kumquatschalen. Aus der Provence brachte ich die Sitte mit, in Fischgerichte, z.B. Bouillabaisse oder Lammtöpfe und Wildgerichte ein paar Stückchen getrocknete Orangenschale zu geben. Meine getrockneten Kumquatschalen als Alternative haben den Test bestanden. Dabei verdanken die Kumquatschalen ihre Existenz dem puren Zufall. Ich hatte die Kumquats in der Obstschale vergessen. Da sie nicht mehr ganz so schön aussahen, ich sie aber auch nicht wegwerfen wollte,  viertelte ich sie, entfernte das Innere und trocknete die Schalen in der Sonne.
Wie man sehen kann,  lässt sich so ein zerkleinertes Kaninchen nicht so fotogen anrichten, wie ein Kaninchenfilet. Aber es geht doch vor allem darum,  ein schmackhaftes Kaninchengericht zu genießen und nicht nur ein schönes Foto anzugucken.
Kaninchenragout mit Datteln und Couscous
1 Kaninchen von circa 1 kg mit der Leber und den Nieren
16 Datteln ( Sorte Deglet Nour oder Halawi)
Für die Marinade:
50 ml  bester Sherryessig
1/2 l trockener Rotwein
2 Zweige Myrteblätter
1-2 EL Olivenöl nativ extra
einige Stückchen getrocknete Kumquatschale (ersatzweise getrocknete Orangenschale)
4-5 rosa Knoblauchzehen
Orangensalz
Und dann noch:
4-5 EL fruchtiges Olivenöl nativ extra
1 kleine rote Zwiebel
1 Stengel glatte Petersilie
1 Zweig Rosmarin
1 Zweig Myrte
Orangensalz
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
1 nußgroßes Stück Butter
Für das Couscous:
150 g Couscousgriess
je 1 Handvoll Rosinen, getrocknete Preiselbeeren und weiße Mandeln
Orangensalz
Olivenöl
1 Stückchen Butter

Das Kaninchen vom Metzer in mundgerechte Stücke teilen lassen. Konlauchzehen häuten und halbieren. Rotwein, Olivenöl und Sherryessig mischen. Kaninchenstücke, Myrteblätter, Knobblauch, getrocknete Kumquatschalen und Orangensalz in die Beize geben und zugedeckt mindestens 24 Stunden - besser zwei Tage - im Kühlschrank beizen.

Kaninchenstücke aus der Beize nehmen und etwas trockentupfen. Die Beize durch ein Haarsieb gießen. Rote Zwiebel häuten und fein hacken.Olivenöl in einem breiten, flachen Topf erhitzen. Kaninchenstücke portionsweise rundum goldbraun anbraten. Herausnehemen. Zwiebel und Knoblauch aus der Beize im Öl kurz anschwitzen. Kaninchenstücke wieder in den Topf legen, Beize angießen, Kumquatschalen, Rosmarin und Myrte zugeben, kurz aufkochen und bei schwacher Hitze zugedeckt circa 35-45 Minuten schmoren. Die entkernten Datteln circa 10 Minuten vor Ende der Garzeit zum Fleisch geben.

Für die Bindung der Sauce  Kaninchenleber und Nieren in etwas Butter rundum anbraten. Aus der Pfanne nehmen und im Mörser zusammen mit einigen grob gehackten Petersilieblättern, einer Prise Salz und 1-2 EL Olivenöl fein zerstampfen. Zum Kaninchentopf hinzufügen und noch 5-8 Minuten ziehen lassen. Mit Orangensalz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken, wenn nötig.

Für das Couscous Rosinen und getrocknete  Preiselbeeren in etwas lauwarmem Wasser 20 Minuten einweichen. Mandeln grob hacken. Couscous nach Vorschrift zubereiten. Beim Quellen des Couscous die Rosinen, Beeren und Mandeln zugeben. Zum Kaninchenragout servieren.







Keine Kommentare: