Der Echte Sternanis (Illicium verum), auch Badian oder Chinesischer Anis genannt, ist eines der beliebtesten Gewürze bei unseren heimischen Weihnachtsbäckereien. Nicht nur, weil man den würzigen Duft des Sternanis gern mit Weihnachten assoziiert, sondern auch weil die Samenkapsel mit ihrer Sternenform so gut zu Weihnachten passt. Doch Sternanis kann viel mehr, als nur weihnachtliche Gefühle zu erzeugen. Mit seinem warmen, kräftig anisartigen Aroma und der überraschenden Zitrusnote, ist Sternanis ein ausgezeichnetes Gewürz für herzhafte Gerichte mit Geflügel, Fisch, Meeresfrüchten, Wild, Rotkraut, Sauerbraten und Gemüse. In Europa wird das viel zu wenig genutzt. Ganz anders in China, wo Sternanis in der Küche eine sehr wichtige Rolle spielt.
China, genauer gesagt Südchina, ist auch die ursprüngliche Heimat des Sternanis. Der immergrüne Sternanis-Baum, er sieht der Magnolie ein bißchen ähnlich, kann bis zu 10 Metern hoch werden. Aus den weißen oder rotweißen Blüten entstehen die Früchte. Diese so genannten Balgfrüchte haben acht sternförmig angeordnete Taschen mit jeweils einem glänzend braunen Samenkorn. Sie werden unreif geerntet. Beim Trocknen nehmen sie eine rostbraune Farbe an. Einzelne Früchte können gelegentlich auch mehr als acht Zacken haben. Der jährliche Ertrag eines ausgewachsenen Baumes beträgt etwa 30-40 kg. Auch heute noch ist das wichtigste Anbaugebiet für Sternanis Südostasien: Südchina, Japan, Vietnam, Hinterindien, die philippinischen Inseln und Jamaica.
Nach Europa kam das Gewürz Sternanis erst sehr spät. Zwar soll Marco Polo schon Ende des 13. Jahrhunderts Sternanis aus China mitgebracht haben, doch bekannt wurde Sternanis dann erst gut 300 Jahre später. 1588 soll der Engländer Sir Thomas Cavendish eine Schiffsladung voll Sternanis von den Philippinen mit nach London gebracht haben. Englische Köchinnen waren die ersten, die Sternanis als Gewürz für Marmeladen, Kompotte, Liköre und traditionelle Gerichte verwendeten. Am russischen Hof wurde Sternanis bereits im 17. Jahrhundert als Gewürz geschätzt - besonders als Geschmackszutat für Tee. Das lässt vermuten, daß das Gewürz auch auf Karawanenwegen quer durch Asien, Russland und Arabien nach Europa transportiert wurde. In Deutschland kennt man Sternanis als Gewürz erst seit Ende des 18. Jahrhunderts.
Sternanis ist neben Szechuanpfeffer, Cassiazimt, Fenchel und
Gewürzenelke unverzichtbarer Bestandteil des traditionellen chinesischen
Fünf-Gewürze-Pulvers zu finden, das die fünf Geschmäcker der chinesichen Küche verkörpert: Süß, bitter, sauer, salzig und Umami. Auch Pfefferkuchengewürz sowie Currymischungen besonders aus Malaysia und Sri Lanka enthalten Sternanis. In der indischen Küche ist Sternanis bei bestimmten Currys und Tarkas nicht wegzudenken. Für die Pho, die traditionelle vietnamesische Wunder-Suppe, ist Sternanis unbedingt erforderlich. Sternanis enthält mit rund 9% wesentlich mehr ätherische Öle
als der heimische Anis, der nur 3% enthält. Daher ist Anisöl viel
teurer als Sternanisöl. Wohl deshalb wird für die Herstellung von Pastis
und anderen Anislikören heute oft die preiswertere Variante Sternanisöl statt des teureren Anisöls
verwendet.
Vor ein paar Jahren, ich glaube es war 2005, kam es zeitweise zu Lieferschwierigkeiten von Sternanis. Die halbe Welt war in Panik wegen der Vogelgrippe. Angeblich sollte nur das Mittel Tamiflu® dagegen helfen. Eines der wichtigsten Bestandteile dieses Influenzagrippemittels ist Sternanis. Als Wirkstoff dient die aus dem Sternanis gewonnene Shikimisäure. Dem Vernehmen nach hat sich im Herbst 2005 der Handelspreis von Sternanis innerhalb eines Monats verdoppelt, da der pharmazeutische Unternehmer Roche für die Produktion von Tamiflu® rund 90 Prozent der Ernte von Sternanis aufgekauft hat. Nachdem sich die Angst vor der Vogelgrippe wieder gelegt hat, gibt es offenbar keine Lieferschwierigkeiten mehr. Die Pandemie Vogelgrippe kam auch nicht.
Noch ein Tipp:
Sternanis duftet ähnlich wie unser Doldenblütler Anis, ist aber botanisch nicht mit ihm verwandt. Das Aroma und der Geschmack sind wärmer, voller, feuriger und schwerer. Sternanis gibt es gemahlen oder als ganze Sterne zu kaufen. Das gemahlene Gewürz verliert jedoch sehr schnell sein Aroma. Ganze Sternanise hingegen, sind gut verschlossen sehr lange haltbar. Sternanis ist ein sehr intensiv schmeckendes Gewürz. Also nicht zu viel nehmen. Sternanis kann man einfach im Ganzen mitgaren. Wenn weniger als ein Stern benötigt wird, einfach einzelne Zacken
abbrechen. Sternanis kann wegen seiner dekorativen Form
mitserviert, aber nicht mitgegessen werden. Für die Weihnachtsbäckerei oder selbst gemachtes Currypulver löst man die Samen aus den Zacken und zerstösst sie am besten frisch im Mörser. Das ätherische Öl Anethol, das im Sternanis enthalten ist, befindet sich vor allem in den Fruchtkapseln, nicht in den eigentlichen Samenkörnern. Deshalb werden diese mitverwendet oder auch mitgemahlen. Das Gewürz verträgt sich gut mit anderen Gewürzen, wie Pfeffer, Szechuanpfeffer, Nelken, Ingwer, Zimt, Chili, Ingwer, Vanille und Zitronenschale.
Sternanis passt nicht nur zu Süßspeisen oder zur Weihnachtsbäckerei, zum Punsch, Glühwein oder Likör, sondern auch ganz hervorragend zu Suppen, z.B. Hühner- und Fischsuppe, Wildgerichten, Sauerbraten, zu Wurzelgemüse, Kürbis und Lauch, zu Fisch und Meeresfrüchten. Sehr interessant schmeckt Sternanis auch in der Kombination mit Tomaten und Karotten oder zu Rotkraut.
Rotkrautflan mit Äpfeln - orientalisch gewürzt
1 kleiner Rotkrautkopf
1-2 Äpfel
1 rote Zwiebel
ca. 40 g frisch geriebener Parmesan
3 EL Sonnenblumenöl
2 EL Butter
Milch
Mehl
grüne Anissamen
Sternanis
Gewürznelken
Zimt
Sherryessig
Orangensalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Rotkraut vierteln und in Julienne (feine Streifen) schneiden. In ein
Sieb geben und kurz abbrausen. Reichlich Wasser mit Orangensalz,
Sternanis, Nelken und einem Schuß Sherryessig in einem Topf aufkochen.
Rotkrautjulienne darin circa 30 Minuten kochen. In ein Sieb schütten und
gut abtropfen lassen. Den Saft auffangen. Gewürze herausfischen.
Inzwischen die Zwiebel häuten und in feine Würfel schneiden. Äpfel
vierteln, Kerngehäuse entfernen, Viertel in feine Schnitze schneiden.
Ein paar Sternaniskörner, 1-2 Nelken und Anissamen im Mörser fein
zerstoßen.
Zwiebelwürfel in heißem Sonnenblumenöl bei milder Hitze anschwitzen.
Apfelschnitze zufügen und circa 10 Minuten sanft schmoren. Abgetropfte
Rotkrautstreifen und Gewürze zufügen und zugedeckt weitere 8-10 Minuten
mitschmoren
Inzwischen aus Butter, Mehl und Milch eine Béchamel zubereiten. Mit
Orangensalz und Pfeffer abschmecken. Rotkohlstreifen fest in eine kleine
Flanform pressen. Dann auf einen Teller stürzen. Mit der Béchamel
beträufeln und mit geriebenem Käse bestreuen.
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